Skandal kam durch ZDF-Recherche und Whistleblower ans Licht
Der Skandal wurde maßgeblich durch einen Bericht des ZDF-Magazins Frontal vom 1. Juli 2025 öffentlich. Grundlage war ein interner Revisionsbericht von VW, der bereits 2021 vorlag. Demnach wurden im Hochdach der VW-Campermodelle Grand California teils 35-fach erhöhte Werte von Benzol gemessen. Nach weiteren Medienberichten soll auch der Crafter mit Hochdach betroffen sein. Besonders brisant: Zwei VW-Manager, die intern auf die Missstände hinwiesen, wurden nach eigenen Angaben in der Karriere ausgebremst und verklagen VW aktuell vor dem Arbeitsgericht Braunschweig. Bereits Ende 2024 hatte die Braunschweiger Zeitung über diesen Fall berichtet.
VW versah das Bordbuch der Fahrzeuge später lediglich mit einem Hinweis: Man solle lüften, wenn man sich unwohl fühle. Rückrufaktionen oder aktive Kundeninformationen blieben jedoch aus.
KBA: Auswirkungen auf Straßenverkehrssicherheit möglich
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) äußerte sich auf Nachfrage gegenüber auto motor und sport am 14. Juli 2025 wie folgt:
„Die Typgenehmigungsvorschriften enthalten keine konkreten Anforderungen hinsichtlich des Ausdünstens von Materialien. Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 behandelt die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), auch Motorfahrzeuge sind darin genannt. Die Zuständigkeit für die REACH-Verordnung liegt jedoch bei den Marktüberwachungsbehörden der Länder.“
Aufmerksam ist das KBA dennoch bei einem Punkt geworden: „Um zu klären, ob sich eine erhöhte Schadstoffkonzentration auch auf die Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugführers auswirkt und damit Belange der Straßenverkehrssicherheit betrifft, hat das KBA den Hersteller um Stellungnahme gebeten. Das Verfahren läuft.“
Die Untersuchung des KBA könnte weitreichende Folgen für VW haben.
Dr. Stoll & Sauer: Stimmen von Mandanten verdeutlichen Gefährdung
Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer haben sich über 200 vom VW-Schadstoffskandal betroffene Verbraucher gemeldet. Viele Halter berichten über gesundheitliche Beschwerden, die sie zunächst nicht mit dem Fahrzeug in Verbindung brachten. Die Kanzlei hat Aussagen dokumentiert:
- „Wir dachten an Neuwagengeruch – aber es wurde schlimmer: Kopfschmerzen, trockene Augen, Übelkeit.“
- „Der Camper roch von Anfang an chemisch – bei Hitze war es kaum auszuhalten.“
- „Unsere Tochter klagte nach jeder Nacht über Übelkeit.“
- „Ich hatte oft Kreislaufprobleme nach längeren Fahrten – heute weiß ich warum.“
- „Seit Jahren chronischer Husten – der Arzt fragte, ob ich in einem belasteten Raum arbeite.“
Juristische Bewertung: Schadensersatz und Rückabwicklung möglich
Die Verbraucherkanzlei Dr. Stoll & Sauer sieht klare rechtliche Ansatzpunkte für Betroffene:
- § 434 BGB (Sachmangel): Ein gesundheitsgefährdender Innenraum stellt einen erheblichen Mangel dar.
- § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung): VW wusste laut internen Berichten von den Belastungen – und verkaufte die Fahrzeuge dennoch.
- Produktsicherheitsgesetz (§§ 3, 6 ProdSG): Produkte, die Gesundheit und Leben gefährden, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
Die Schadstoffe wurden laut Recherchen in der Dachhaube aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) festgestellt – besonders problematisch, da dort Schlafplätze eingerichtet sind.
Grand California (bis Baujahr 2022)
- Varianten 600 und 680
- Ausbauort: Hannover-Limmer
- Rund 3.530 Fahrzeuge in Deutschland zugelassen
- Produktion seit 2017
- Über 21.000 Fahrzeuge in der Pkw-Kategorie in Deutschland
Wer einen VW Grand California oder Crafter mit Hochdach besitzt, sollte sich juristisch beraten lassen. Die Chancen auf Schadensersatz, Rückabwicklung oder Minderung sind aus Sicht der Kanzlei sehr gut – auch bei gesundheitlichen Beschwerden. Halter von VW-Campern sollten die kostenlose Ersteinschätzung im VW-Camper-Online-Check nutzen.