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Wie die Europäische Agrarpolitik 2020+ die biologische Vielfalt stärken kann

(lifePR) (Bonn/Mannheim, )
  • Mehr und bessere Maßnahmen für die biologische Vielfalt sind erforderlich
  • Forschungsprojekt liefert Handlungsempfehlungen für die GAP und ihre nationale Ausgestaltung
  • Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Institut für Agrarökologie und Biodiversität (IFAB)
Die Weichen für den Natur- und Umweltschutz in der europäischen Agrarlandschaft werden mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) für die Zeit nach 2020 jetzt neu gestellt. Bereits im Zuge der letzten GAP-Reform sollte mit der Einführung der „Ökologischen Vorrangflächen“ (ÖVF) im Jahr 2015 die Artenvielfalt auf Ackerflächen gefördert werden. Die Wirksamkeit der ÖVF auf die biologische Vielfalt und ihre bundesweite Umsetzung haben das Institut für Agrarökologie und Biodiversität (IFAB) und das Thünen Institut in zwei Forschungsprojekten im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) untersucht.

„Im Ergebnis zeigen diese seit 2015 durchgeführten Untersuchungen, dass die Ökologischen Vorrangflächen in der bisherigen Form insgesamt keinen Mehrwert für die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften erbracht haben. Auch deshalb werden die ‚grünen‘ Ziele der GAP in der aktuellen Förderperiode weitestgehend verfehlt“, stellt BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel fest. „Um den Rückgang der biologischen Vielfalt in der EU aufzuhalten, braucht es effektivere Maßnahmen sowohl im Umfang als auch in der Qualität. Dafür sollten im GAP-Reformprozess wissenschaftliche Daten wie der der Autorinnen und Autoren des vorliegenden Papiers genutzt werden.“

„Für die GAP nach 2020 dürfen nur noch Maßnahmen umgesetzt werden, die in Qualität und Quantität einen nachweislichen reellen Mehrwert für die Artenvielfalt leisten“, fordert Dr. Rainer Oppermann, Institutsleiter des IFAB. „Die Ergebnisse aus unseren Forschungsvorhaben liefern hierfür wissenschaftliche Grundlagen und sehr konkrete Empfehlungen.“

Das neue Umsetzungsmodell der EU-Kommission für die GAP nach 2020 eröffnet den EU-Mitgliedstaaten die Chance, die spezifischen Umweltprobleme zielgenau zu adressieren und über den vorgesehenen GAP-Strategieplan einen geeigneten nationalen Weg zur Erreichung der EU-Vorgaben und Ziele zu erarbeiten. Die Autorinnen und Autoren der Studien betonen, dass die nationalen Spielräume unbedingt genutzt werden müssen, damit Deutschland nicht erneut seine Ziele zum Biodiversitätsschutz verfehlt.

„Konkret bedeutet das, dass die Umwelt- und Naturschutzbehörden des Bundes und der Länder wirksam in den Prozess einzubinden sind, um ökologische Verbesserungen bei den Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen zu erreichen, etwa eine größere Mindestbreite und bessere Vernetzung von Blüh- und Schonstreifen. Das erfordert zugleich eine übergreifende Zusammenarbeit von Umwelt- und Naturschutz und Landwirtschaft, die leider immer noch nicht selbstverständlich ist“, erklärt dazu BfN-Präsidentin Jessel.

Die Bundesregierung nimmt seit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft am 01. Juli 2020 eine wichtige Moderatorenrolle innerhalb der EU ein. „Dies ist für Deutschland eine große Chance, die Weiterentwicklung der EU-Biodiversitäts- und Landwirtschaftspolitik post-2020 entscheidend voranzubringen“, stellt Dr. Rainer Oppermann, Institutsleiter des IFAB fest. „Dies gelingt nur, wenn der Weg für eine nachhaltige GAP im Sinne des europäischen Green Deal geebnet und der nationale Strategieplan entsprechend ambitioniert ausgearbeitet wird“.

Zentrale Empfehlungen aus den Studien
  1. Deutlich positive Effekte für die Artenvielfalt werden erst ab einem Anteil von mindestens zehn Prozent hochwertiger ÖVF wie Brache- und Blühflächen, Pufferstreifen und Landschaftselemente erreicht; derzeit liegt zum Beispiel der Anteil der Brachen am Ackerland lediglich bei rund drei Prozent.
  2. Für Arten der Offenlandschaft wie der Feldlerche bedarf es zusätzlich sogenannter in-crop-Maßnahmen, das heißt produktionsintegrierter Maßnahmen wie dem Anbau von Getreide mit doppeltem Saatreihenabstand ohne Pestizid-Einsatz und mit reduzierter Düngung.
  3. Analog zum Ackerland bedarf es im Grünland hochwertiger ÖVF. Eine Bewirtschaftungsruhe von mindestens acht Wochen im Frühjahr / Frühsommer sollte auf einem Mindestanteil des Grünlandes eingehalten werden, um zum Beispiel Bodenbrütern die erfolgreiche Fortpflanzung zu ermöglichen.
  4. Für viele Arten ist die Über- oder Mehrjährigkeit der Maßnahmen wichtig: So sollten angelegte Blühflächen unbedingt über den Winter bis in den Folgesommer bestehen, damit Tiere dort überwintern können und im Frühjahr Nist- und Brutmöglichkeiten vorfinden.
  5. Die ökologische Wirksamkeit von ÖVF wird auch durch Verwaltungsvorgaben beeinflusst: So sollten administrative Mindestvorgaben wie zum Beispiel das jährliche Mulchen der kompletten Brachflächen gestrichen und die Kombination von ÖVF mit Qualifizierungsmaßnahmen der zweiten Säule der GAP für die Landwirtinnen und Landwirte erleichtert werden.
  6. Die Bereitschaft der Landwirtinnen und Landwirte zur Umsetzung von mehrjährigen und lagetreuen Brachen sollte durch den Abbau bürokratischer Hemmnisse erhöht werden. Mehrjährige und lagetreue Brachen sind von herausragender Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität in Ackerbaulandschaften.
Bezug:
Die Publikation „Biodiversität in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU nach 2020“ steht als PDF-Datei unter https://www.bfn.de/themen/landwirtschaft/veroeffentlichungen.html zum Download bereit.

Hintergrund:
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) dient zwar in erster Linie der Förderung der Landwirtschaft, stellt bislang aber gleichzeitig das wichtigste Instrument der EU zur gezielten Förderung der Biodiversität in Agrarlandschaften dar. Die Art und Weise ihrer Ausgestaltung und nationalen Umsetzung ist für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft von zentraler Bedeutung. Mit dem Green Deal, der Biodiversitäts- und farm-to-fork-Strategie für 2030 startet die KOM den Versuch, die EU unter Einbezug aller relevanten Sektoren auf ein nachhaltiges Wachstumsmodell mit weltweitem Vorbildcharakter umzustellen. Die GAP gilt hierbei als wichtiges Instrument zur Erreichung der formulierten Ziele.

Im Zuge der GAP-Reform 2013 sollte mit dem „Greening“ zusätzlich zu den Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen ein Basisbeitrag für den Natur-, Umwelt- und Klimaschutz geleistet und die GAP „ökologisiert“ werden. Die „Ökologischen Vorrangflächen“ (ÖVF) waren dabei die für den Naturschutz zentrale Greening-Komponente für ackerbaulich geprägte Landschaften. Mit den ÖVF verfolgte die EU-Kommission (KOM) explizit das Ziel, hier positive Effekte für den Erhalt der biologischen Vielfalt zu erreichen.

Nach dem Vorschlag der KOM zur Neuausrichtung der GAP nach 2020 von Juni 2018 ist vorgesehen, das Greening in der bisherigen Form nicht fortzuführen. Im Rahmen der neu eingeführten Konditionalität sollen aber für Prämienbezieher auch weiterhin Verpflichtungen zur Umsetzung eines bestimmten Mindestflächenumfangs an biodiversitätsrelevanten Maßnahmen eingeführt werden. Für deren Ausgestaltung im dafür zu erstellenden Nationalen Strategieplan Deutschlands können die Untersuchungsergebnisse zur Wirksamkeit von ÖVF wichtige Anregungen geben.
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