Auch für Sportwetten gilt der Glücksspielstaatsvertrag
Der Nepp beim Glücksspiel funktionierte jahrelang generell so: Die meisten Spieler waren aufgrund der weit verbreiteten Werbung für Online-Sportwetten davon ausgegangen, dass es sich um legale Angebote handelte. Oftmals war dies jedoch nicht der Fall. Da Sportwetten im Internet als Online-Glücksspiel gelten, waren sie gemäß dem Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland bis zum 30. Juni 2021 grundsätzlich verboten. Zwar hatten die Bundesländer die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, aber die Beklagte im aktuellen Fall verfügte während des Zeitraums, in dem der Kläger seine Wetten platzierte, über keine solche Konzession. Dr. Stoll & Sauer fasst das Verfahren kurz zusammen:
- Der Kläger hatte zwischen Oktober und Dezember 2018 über die Webseite Betano an Online-Sportwetten teilgenommen. Die Betkick Sportwettenservice GmbH aus Österreich betreibt das Portal. Insgesamt verlor der Kläger fast 12.000 Euro bei den Sportwetten und forderte das Geld von Betkick zurück.
- In erster Instanz verlor der Spieler am Landgericht Dresden sein Verfahren
- In zweiter Instanz hatte die Klage des Klägers vor dem OLG Dresden Erfolg. Die Beklagte habe mit ihrem Angebot gegen das Verbot von Online-Glücksspielen im Glücksspielstaatsvertrag verstoßen. Obwohl für Sportwetten eine Befreiung von dem Verbot möglich gewesen wäre, verfügte die Beklagte im Jahr 2018 nicht über eine solche Genehmigung. Daher seien die abgeschlossenen Wettverträge nichtig, und der Kläger habe Anspruch auf die vollständige Rückerstattung seiner Verluste, so das OLG.
- Das Argument der Beklagten, dass sie bereits eine Konzession beantragt habe, wurde vom OLG Dresden abgelehnt. Gemäß dem Glücksspielstaatsvertrag erfordert das Veranstalten von Online-Sportwetten zwingend eine Konzession. Solange diese nicht erteilt war, bestand das grundsätzliche Verbot fort. Das OLG Dresden stellte klar: "Das bloße Recht auf die (künftige) Erteilung einer Konzession kann im Verhältnis zum Spielteilnehmer aus dem verbotenen kein erlaubtes Online-Wettspiel machen."
- Das Gericht führte weiter aus, dass das Verbot im Glücksspielstaatsvertrag dem Schutz der Spieler und der Suchtprävention dient. Dem Rückzahlungsanspruch des Klägers steht auch nicht entgegen, dass er an illegalen Online-Sportwetten teilgenommen hat. Es sei nicht erkennbar, dass er das Verbot kannte, und auch die Beklagte habe nicht das Gegenteil dargelegt.
- Das OLG Dresden hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Nicht nur Anbieter von Sportwetten, sondern auch Online-Casinos bewegen sich mit ihren Angeboten auf illegalem Terrain. Folgende Sachverhalte sind für deutsche Gerichte bei Casino-Abzocke mittlerweile unstrittig und finden sich in den unterschiedlichsten Urteilsbegründungen:
- Die Angebote der Online-Casinos verstießen gegen geltendes Recht. Bis zum 30. Juni 2021 war Online-Glücksspiel in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen verboten. Der Vertrag zwischen Verbraucher und Anbieter ist nichtig und nie zustande gekommen. Verbraucher haben daher Anspruch auf die komplette Rückerstattung ihrer Verluste – natürlich nach Abzug ihrer Gewinne.
- Der Rückzahlungsanspruch ist nur dann zu verwehren, wenn Spieler von der Illegalität des Online-Glücksspiels gewusst hätten. Das verklagte Online-Casino muss diesen Zusammenhang dem Spieler nachweisen. Für die Allgemeinheit ist aus Sicht vieler Gerichte jedoch nicht bekannt, dass Online-Glücksspiele verboten gewesen sei.
- Manche Anbieter von Online-Glücksspielen verlangen von Spielern, dass sie sich selbst vor dem Zocken über die Rechtslage in ihrem Land informieren. Das OLG Frankfurt wies süffisant darauf hin, dass die Anbieter von Online-Glücksspielen selbst die Meinung vertreten, vollkommen legal zu handeln. Da passe es nicht, wenn sie dem Spieler unterstellen, dass er über die Illegalität informiert gewesen sein müsste.
- Sicherlich haben auch die Spieler gegen das Glücksspielverbot verstoßen. Allerdings gehen die Gerichte in den meisten Fällen davon aus, dass sie von dem Verbot nichts gewusst haben. Der Glücksspielanbieter jedoch schon. Er muss sich dieses Verstoßes bewusst gewesen sein und ihn trotzdem gewollt haben. Der Schutzzweck des Verbotes würde aus Sicht der Gerichte ad absurdum geführt, wenn der Anbieter den Einsatz des Spielers behalten könnte.
- Interessanterweise sind die meisten Online-Casinos auch aktuell noch ohne gültige Lizenz unterwegs, fand das Nachrichtenmagazin Der Spiegel heraus. Daher ist es für Verbraucher auch nach dem 1. Juli 2021 interessant zu prüfen, ob die Casinos illegal gearbeitet haben. Falls das so ist, können Ansprüche auf die Rückgabe der Verluste bestehen. Wichtig dabei: Die Geschädigten dürfen vorher von der Illegalität des Online-Casinos nichts gewusst haben. Die Betreiber müssen vor Gericht den Nachweis über eine mögliche Kenntnis des Spielers führen.
Weitere Infos hier: https://www.dr-stoll-kollegen.de/online-casino-geld-zurueck