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Bei Sicherungsverwahrung Menschenrechte beachten!

Anwendung nur unter allergrößter Zurückhaltung

(lifePR) (Berlin, )
Erneut ist die Bundesrepublik Deutschland vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wegen Verletzungen der Menschenrechtskonvention verurteilt worden[1].

Die Verurteilung ist zugleich beschämend und beunruhigend. Denn in zwei der Fälle[2] haben es die befassten Gerichte (LG Aachen und OLG Köln) abgelehnt, die schon in der Entscheidung des Gerichtshofes vom 17.12.2009[3] aufgestellten Grundsätze anzuwenden und die menschenrechtswidrig in Haft Gehaltenen freizulassen. Sie behaupteten dabei - wie einige andere Oberlandesgerichte - das Recht der Bundesrepublik stehe einer Befolgung der Menschenrechtskonvention entgegen. Sie verweigerten die Freilassung, auch noch, nachdem sie vom EGMR ausdrücklich dazu aufgefordert worden waren.

Andere Oberlandesgerichte (OLG Frankfurt/M., OLG Hamm, OLG Karlsruhe, OLG Schleswig) sowie der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs haben in entgegenstehenden Entscheidungen deutlich gemacht, dass das geltende bundesdeutsche Recht im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgelegt werden kann und muss. Sie entließen die rechtswidrig Verwahrten.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) beteiligt sich seit Jahren intensiv an der Diskussion über die dringend notwendige Reform des Rechts der Sicherungsverwahrung, die auch mit der seit dem 1. Januar 2011 geltenden gesetzlichen Neuregelung nicht abgeschlossen ist. Sicherungsverwahrung bedeutet unbefristete Freiheitsentziehung bei Menschen, die die Strafen, zu denen sie verurteilt wurden, vollständig verbüßt haben. Sie wird damit gerechtfertigt, dass diese Menschen eine schwerwiegende Gefahr für ihre Mitmenschen darstellten. Diese Prognose ist, wie wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, kaum zuverlässig zu treffen. In den meisten Fällen erweist sie sich als unzutreffend. Schon das gebietet es, bei der Anordnung von Sicherungsverwahrung und ihrer Fortdauer mit allergrößter Zurückhaltung zu verfahren. Das muss unter strikter Wahrung der Menschenrechte der Betroffenen geschehen. Sie dürfen nicht auf dem Altar einer Stimmung geopfert werden, die Sicherheitsinteressen über Freiheitsrechte stellt.

Dass es deutsche Gerichte gibt, die meinen, das geltende Recht stehe in solchen Fällen der Anwendung der Menschenrechtskonvention entgegen, ist ein schwer erträglicher Zustand. Der EGMR hat noch davon abgesehen, die Bundesrepublik Deutschland auf Maßnahmen hinzuweisen, wie seine Rechtsprechung zur Sicherungsverwahrung umgesetzt werden kann. Er hat vielmehr dringlich an alle Gerichte appelliert, "ihre Verantwortung wahrzunehmen, das Recht der Beschwerdeführer auf Freiheit, eines der Kernrechte der Konvention, zügig umzusetzen". Dies war auch eine Reaktion auf die Erklärung der Bundesregierung, deutsches Recht ermögliche die unmittelbare Beachtung der EGMR- Rechtsprechung durch deutsche Gerichte.

Im Februar wird sich das Bundesverfassungsgericht in mehreren Verfahren mit der Problematik befassen. Es ist zu hoffen, dass es einer Rechtsprechung den Weg frei macht, die in Einklang mit der Menschenrechtskonvention steht.

[1] Urteile vom 13. Januar 2011, Beschwerde Nr. 17792/07, 20008/07, 27360/04, 42225/07
[2] Beschwerden Nr. 17792/09 und 20008/07
[3] Beschwerde Nr. 19359/04, M.v. Germany
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