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Wahlen 2012: Bahn frei für den Sparkurs?

USA aktuell

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
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- Am 6. November wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten
- Mindestens ebenso wichtig wird sein, welche Partei die Mehrheit im Kongress erringt
- Trotz hoher Unsicherheit über den Wahlausgang bleibt ein Sparkurs in der Finanzpolitik das wahrscheinlichste Szenario für 2013
- Dies wird eine Zinswende der Fed im kommenden Jahr überflüssig machen

Richard Carlson: "A Zombie has no will of his own. You see them sometimes, walking around blindly with dead eyes, following orders, not knowing what they do, not caring." Bob Hope: "You mean like Democrats?"
Aus dem Film The Ghost Breakers (1940)

Der Graben, der die politischen Lager in Washington derzeit trennt und der die - eigentlich von fast allen Politikern als notwendig akzeptierte - Haushaltskonsolidierung bisher verhindert hat, ist nichts Neues. Zwar tobt in Amerika aktuell eine Art "Kulturkampf" zwischen den Demokraten von Präsident Obama und den republikanischen Anhängern der "Tea Party". Aber schon vor siebzig Jahren, mit dem Demokraten Roosevelt im Weißen Haus, konnte ein erfolgreicher Komiker wie Bob Hope offenbar hoffen, mit einem solchen beißenden Spott beim Publikum zu punkten. Die heutige Situation stellt also eher eine quantitative als eine qualitative Veränderung des politischen Klimas dar. Ob die Kompromissfähigkeit in der amerikanischen Politik tatsächlich nachhaltig gelitten hat, wird sich nach den Wahlen im November zeigen. Ihr Ausgang kann auf vielen Gebieten Auswirkungen haben, von der Regulierung der Finanzmärkte über die Handels- und Wechselkurspolitik bis zur Frage, ob Ben Bernanke 2014 noch einmal als Fed-Chairman nominiert wird. In dieser Publikation fokussieren wir auf ein recht eng gefasstes Thema: den Ausblick für die Fiskalpolitik im kommenden Jahr. Diese wird nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Konjunktur haben. Sie ist zudem ein wichtiger Einflussfaktor für die Entscheidung der Fed, zu welchem Zeitpunkt sie aus der extrem expansiven Geldpolitik auszusteigen beginnt.

6. November 2012: Mitt Romney gegen Barack Obama

Aus heutiger Sicht ist Mitt Romney der wahrscheinlichste republikanische Präsidentschaftskandidat. Er hat zwar bislang nur 535 der 1.144 erforderlichen Stimmen für den Nominierungsparteitag im August zusammen (Stand 29. März). Wenn größere Überraschungen ausbleiben, sollte Romney aber den deutlichen Vorsprung vor seinen verbliebenen Mitbewerbern verteidigen können. Damit erhöht sich tendenziell die Wahrscheinlichkeit, dass es den Republikanern gelingt, Barack Obama abzulösen. Laut Umfragen hat Romney unter den Kandidaten die besten Chancen, den Amtsinhaber zu schlagen.

Kein klarer Favorit im Rennen um die Präsidentschaft

Wie groß diese Chancen nun eingeschätzt werden, variiert sehr stark. In der jüngsten Gallup-Umfrage vom Februar war Romney in der "Sonntagsfrage" sogar an Obama vorbeigezogen. Andere Umfragen (z.B. von NBC/Wall Street Journal) sehen hingegen den Amtsinhaber rund fünf Prozentpunkte vorne. Elektronische Futuresmärkte wie Intrade oder Iowa Electronic Markets (IOM) deuten darauf hin, dass die dort aktiven Spekulanten Präsident Obama derzeit ebenfalls die besseren Chancen einräumen. Die absolute Wahrscheinlichkeit seiner Wiederwahl wurde laut IOM zuletzt bei rund 60 % gesehen.(1)

Bis zum Wahltag im November kann noch viel passieren. Wenn politische Überraschungen ausbleiben, wird die konjunkturelle Lage eine wichtige Rolle spielen. Verbessert sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter wie zuletzt, kommt dies dem amtierenden Präsidenten zu gute. Sollte im Herbst hingegen erneut über einen "double dip" diskutiert werden, würde dies die Kritik am ökonomischen Management der Obama-Administration verstärken. Belastet wird die Stimmung aktuell durch das teure Benzin. Ein landesweiter Preis von vier Dollar pro Gallone gilt als Schmerzgrenze.(2)

In unserem Basis-Szenario gehen wir von einem graduellen Rückgang der Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten aus. Von daher würden wir an der ökonomischen Front keine starken Impulse für oder gegen Barack Obama erwarten. Auch das Prognosemodell von Ray C. Fair von der Yale University, der sich seit Jahren mit dem Zusammenhang zwischen Wahlausgängen und wirtschaftlichen Daten beschäftigt, sieht auf der Basis der aktuellen Konjunkturprognosen keine eindeutigen Signale für den November.

Mehr als nur Präsidentschaftswahlen

Am 6. November wählen die Amerikaner nicht nur den Präsidenten, sondern auch einen neuen Kongress und 13 Gouverneure in den Einzelstaaten. Darüber hinaus stehen auf der Ebene der Kommunen und Einzelstaaten zahlreiche weitere Wahlen und Volksabstimmungen an. Für die Finanzmärkte sind, neben der Frage, ob Barack Obama eine zweite Amtszeit erhält, primär die Mehrheitsverhältnisse im Kongress von Interesse.

Im aktuellen, 112. Kongress, haben die Republikaner eine deutliche Mehrheit in der unteren Kammer, dem Repräsentantenhaus. Von den insgesamt 435 Abgeordneten stellen sie derzeit 242, verglichen mit 190 Demokraten. Im Senat, der Kammer, in der jeder der 50 US-Staaten mit zwei Sitzen vertreten ist, stellen die Demokraten mit 51 Senatoren die Mehrheit. Hinzu kommt, dass zwei unabhängige Senatoren in der Regel mit den Demokraten abstimmen und im Fall eines Stands von 50:50 der Senatspräsident (der US-Vizepräsident, aktuell der Demokrat Joe Biden) die entscheidende Stimme hat.

Einfache Mehrheit reicht nicht

Für den Gesetzgebungsprozess ist jedoch im Senat eine zweite Schwelle wichtig: die Marke von 60 Stimmen. Die sind nämlich erforderlich, um eine sogenannte "cloture" herbeizuführen, also eine Debatte zu beenden. Die Senatsregeln sehen die Möglichkeit eines "filibuster" vor, d.h. jeder Senator kann die Abstimmung über einen Gesetzesentwurf theoretisch unbegrenzt verzögern. Wenn jedoch mindestens 60 Senatoren dafür stimmen, die Debatte zu beenden, kann eine Abstimmung erzwungen werden. Diese Regelungen unterstreichen den föderalen Charakter der USA, indem sie den Vertretern der Einzelstaaten ein weitgehendes Vetorecht einräumen - unabhängig von der Größe des Staates. Aus Sicht der Gründerväter der Vereinigten Staaten war der Senat zudem als ein Ort der bedächtigen Beratung und als konstitutionelle Bremse für die eher stürmischen Reformer im Repräsentantenhaus gedacht.

Im November werden alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und 33 Senatoren gewählt. Von diesen 33 Sitzen im Senat werden derzeit 23 von Demokraten (einschl. Unabhängige) und nur zehn von Republikanern gehalten. Die Demokraten müssen also 2012 mehr Sitze verteidigen als die Republikaner. Dies ist ein Handicap. Die Vergangenheit zeigt zudem, dass Amtsinhaber, die sich zur Wiederwahl stellen, nur schwer zu schlagen sind. Daher ist interessant, wie viele Abgeordnete der zwei Parteien diesmal nicht wieder antreten. In beiden Häusern des Kongresses haben die Republikaner hier den Vorteil: Jeweils mehr Repräsentanten und Senatoren aus der demokratischen Partei haben angekündigt, sich diesmal nicht mehr zur Wahl zu stellen.

Politische Beobachter gehen daher davon aus, dass die republikanische Partei wohl ihre bestehende Mehrheit im Repräsentantenhaus halten oder ausbauen wird. Im Senat spricht einiges dafür, dass die Republikaner Sitze hinzugewinnen. Wenn sie in den sechs Staaten, die von Analysten übereinstimmend als "toss-ups" (sehr ungewisser Wahlausgang) bezeichnet werden, ihre beiden Senatssitze verteidigen und alle vier Demokraten schlagen, würden sie auf 51 Sitze kommen. Selbst wenn der Vizepräsident weiterhin ein Demokrat bleiben sollte, würde dies für eine knappe Mehrheit reichen. Eine "Supermehrheit" von 60 oder mehr Sitzen, mit der man die Vorstellungen der Demokraten weitgehend ignorieren könnte, ist hingegen wenig realistisch.

Da der Kongress über das Haushaltsrecht verfügt, gehen finanzpolitische Initiativen in der Regel vom Parlament und nicht von der Regierung aus. Die Mehrheitsverhältnisse im Kongress werden deshalb einen entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Steuer- und Ausgabenpolitik haben.

Welche Konstellation bringt was?

Die Erfahrungen aus den neunziger Jahren, als dem demokratischen Präsidenten Clinton nach 1994 eine republikanische Kongressmehrheit gegenüberstand, sind auf die heutige Situation nur bedingt anwendbar. Ein wichtiger Unterschied ist die kategorische Ablehnung von Steuererhöhungen durch die Republikaner: 236 der 242 Abgeordneten im Haus und 40 der 47 Senatoren haben die "Tax Pledge" der Lobby-Organisation "Americans for Tax Reform" unterzeichnet. Darin verpflichten sie sich, jede Erhöhung der Grenzsteuersätze der Einkommensteuer abzulehnen und dem Abbau von Steuervergünstigungen nur zuzustimmen, wenn gleichzeitig die Steuersätze gesenkt werden. Darüber hinaus ist die Haushaltslage gemessen am Schuldenstand aktuell deutlich schlechter als vor zwanzig Jahren. Hohe zukünftige Belastungen aus den staatlichen Gesundheits- und Rentensystemen drohen. Das Zeitfenster für die nötigen Maßnahmen ist daher relativ klein - je länger man abwartet, umso drastischer und unpopulärer müssen zukünftige Eingriffe ausfallen.

Kein Appetit aufs Sparen bei den Demokraten

Am wenigsten gespart würde wohl in einem (unwahrscheinlichen) Szenario, in dem Barack Obama wiedergewählt wird und es in seinem Gefolge den Demokraten gelingt, die Mehrheit im Kongress zurückzugewinnen. Trotz Widerstands der Republikaner könnte Obama dann wohl seinen wiederholt vorgeschlagenen Plan umsetzen, und die Empfänger hoher Einkommen stärker belasten. Gleichzeitig wären aber auf verschiedenen Gebieten Mehrausgaben zu erwarten. Insgesamt gesehen hat die demokratische Partei in den letzten Jahren keinerlei Bereitschaft zu einem Sparkurs gezeigt. Solange der Rentenmarkt und/oder die Rating-Agenturen den Druck auf die USA nicht erhöhen, würde in diesem Szenario die Konsolidierung wohl auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Das Beispiel Japan zeigt, dass es im Zweifelsfall für die Regierung immer einfacher ist, noch ein bisschen mehr Schulden zu machen.

Sollten hingegen die Republikaner auf ganzer Front siegen, wären Steuererhöhungen in jeglicher Form wohl zunächst vom Tisch. Dafür wäre aber mit vergleichsweise kräftigen Einschnitten bei den Ausgaben zu rechnen - wobei zu bedenken ist, dass die Demokraten im Senat voraussichtlich noch immer über eine "Sperrminorität" verfügen würden.

Die Konstellation "Romney im Weißen Haus, demokratischer Kongress" ist wesentlich unwahrscheinlicher als eine Fortsetzung des Status Quo. Wenn Barack Obama wieder gewählt würde und die Republikaner ihre Mehrheit im Haus verteidigen oder ausbauen und vielleicht sogar die Kontrolle im Senat übernehmen, würde die Blockadepolitik der vergangenen Jahre in eine neue Runde gehen. Die beste Hoffnung, dieses Patt zu durchbrechen, birgt ironischerweise eine Hinterlassenschaft von George W. Bush.

"Taxmaggedon": Sparkurs mit Autopilot

Die in den Jahren 2001 und 2003 unter Präsident Bush verabschiedeten umfangreichen Steuersenkungen wurden aus haushaltsrechtlichen Gründen zeitlich beschränkt. Die meisten Entlastungen sollten eigentlich schon Ende 2010 auslaufen. In einem Kompromiss zwischen Präsident Obama und den Republikanern im Kongress wurde dieser Termin dann in letzter Minute auf Ende 2012 vertagt. Nach aktueller Rechtslage springen die Grenzsteuersätze der Einkommensteuer zu diesem Zeitpunkt nach oben, die bevorzugte Besteuerung von Wertzuwächsen bzw. Kapitalerträgen endet und die Erbschaftssteuer steigt massiv an. Das überparteiliche Congressional Budget Office (CBO) schätzt, dass dies die Steuerbelastung im Jahr 2013 um fast 250 Mrd. Dollar (rund 10% der gesamten Einnahmen des Bundesstaates einschließlich Rentenversicherung) erhöhen würde. Gleichzeitig steht zum Januar die Normalisierung der vorübergehend gesenkten Rentenbeiträge an.

Zu viel Sparen birgt Risiken

Hinzu kommen noch die 2013 drohenden automatischen Ausgabenkürzungen. Diese gehen auf einen Beschluss des Kongresses vom Sommer 2011 zurück, mit dem eine Kommission beauftragt wurde, Sparvorschläge zu unterbreiten. Da sich deren Mitglieder nicht auf gemeinsame Vorschläge einigen konnten, greifen nun automatische Einschnitte. Insgesamt würde sich der kontraktive fiskalische Impuls damit im kommenden Jahr auf fast 3 % des Bruttoinlandsproduktes summieren. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass wirtschaftliche Verwerfungen bei einem so scharfen Sparkurs sehr wahrscheinlich sind. Selbst weniger ambitioniertes Sparen hat die US-Wirtschaft schon an den Rand der Rezession gebracht. Seit dem Ende des Koreakrieges gab es nur ein Jahr (1968/69), in dem das strukturelle Defizit in einem vergleichbaren Maße gesenkt wurde - und damals sparte sich die US-Regierung in eine Rezession. 1987 folgte auf die Konsolidierung ein Crash am Aktienmarkt. Und selbst die weniger umfangreiche Konsolidierung 2009/2010 - im Grunde nur das Auslaufen des Konjunkturpakets - reichte aus, um die US-Wirtschaft Anfang 2011 stagnieren zu lassen, wobei der kräftige Ölpreisanstieg und die Katastrophe in Japan "geholfen" haben.

Die spannende Frage ist, wie sich dieser drohende "automatische Sparkurs" auf die politische Diskussion auswirken wird. Politisch bietet diese Konstellation Spielraum für eine neue Runde im Spiel "Chicken", in dem Kongress und Präsident klaren Auges auf eine Katastrophe zusteuern, in der Erwartung, der jeweils andere würde schon rechtzeitig einlenken. Auf die Spitze getrieben wurde dies im vergangenen Sommer, als die Schuldenobergrenze erreicht wurde und eine Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung erst in letzter Minute verhindert wurde. Die Demokraten könnten diesmal versuchen, die Republikaner zu zwingen, einer kleineren, auf "die Reichen" beschränkten Steuererhöhung zuzustimmen, um einen Großteil der Steuersenkungen zu "retten". Andererseits könnten die Republikaner politisch punkten, indem sie ihre Bereitschaft, die Steuersenkung "dauerhaft" fortzuschreiben mit der Ablehnung der Demokraten kontrastieren und auf die nennenswerten konjunkturellen Risiken hinweisen, die sich dadurch ergeben.

Rezessionsgefahr

Letztlich ist das wahrscheinlichste Szenario, dass die Rentenbeiträge tatsächlich wie derzeit vorgesehen Anfang 2013 normalisiert werden. Darüber hinaus dürfte man sich jedoch erneut auf eine temporäre und recht umfassende Verlängerung der Bush-Steuersenkungen einigen, um dem neuen Kongress (und dem neuen Präsidenten?) die Möglichkeit zu geben, ab Januar 2013 die mittel- bis langfristigen Weichen zu stellen. Für weitergehende Kompromisse erscheinen die Positionen der beiden Parteien zu weit auseinander. Die kategorische Ablehnung höherer Steuern seitens der Republikaner ist für die Demokraten ebenso wenig akzeptabel, wie es für die Republikaner die demokratische Verweigerungshaltung im Hinblick auf Einschnitte bei den Leistungsgesetzen ist. Letztlich kann eine Totalblockade auf der einen oder anderen Seite nicht ganz ausgeschlossen werden. In diesem Szenario wäre wegen des fiskalischen Schocks für Anfang 2013 wohl sogar mit einer Rezession zu rechnen.(3)

Helaba-Prognose: Recht ambitionierter Sparkurs nach der Wahl

In unserem Basis-Szenario haben wir unterstellt, dass es zu diesem "worst case" nicht kommt. Stattdessen basiert unsere Prognose für 2013 auf der Annahme, dass die Fiskalpolitik im Jahresverlauf im Umfang von gut 11/2 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gestrafft wird. Dies ist noch immer am oberen Rand dessen, was in der Vergangenheit mit einer weiter expandierenden Wirtschaft vereinbar war. Dabei dürften sowohl Ausgabenkürzungen wie Einnahmeverbesserungen eine Rolle spielen, aber diese Aufteilung ist aus konjunktureller Sicht weniger wichtig als die absolute Größenordnung der Konsolidierung. Damit soll die Diskussion um die Möglichkeit einer "expansionary consolidation" in akademischen Kreisen nicht ausgeblendet werden. Die Aussage(4), dass eine Konsolidierung, die sich stärker auf Ausgabenkürzungen stützt als auf Steuererhöhungen, das Wachstum weniger belastet, bleibt kontrovers. Ein zentraler Punkt ist wohl, ob es der Regierung gelingt, trotz Sparkurs die Stimmung von Verbrauchern und Finanzmärkten zu stabilisieren. Die Kritik, vergangene Erfahrungen mit Phasen von "expansionary consolidation" seien auf die USA gar nicht anwendbar, weil sie kein kleines, offenes Land seien, das über Abwertung und Außenhandel wachsen kann, trifft hingegen nicht zu. Die empirischen Ergebnisse deuten vielmehr darauf hin, dass das äußere Umfeld (Wechselkurs, Auslandsnachfrage) zwar die Kosten der Konsolidierung beeinflusst, aber nicht den optimalen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen.

Die Unsicherheit über die Höhe der so genannten "Multiplikatoren" ist allerdings trotz diverser Studien zu diesem Thema hoch. Wie stark verändert sich das BIP, wenn der Staat 100 Mrd. Dollar weniger ausgibt oder die Steuern in dieser Größenordnung erhöht? Um mehr als 100 Mrd. Dollar? Um weniger? In unserer Prognose haben wir einen durchschnittlichen Multiplikator von 1 unterstellt. Angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse ist wohl davon auszugehen, dass ein unangemessen hoher Beitrag von der Einnahmeseite wenig wahrscheinlich ist und der Schwerpunkt eher bei niedrigeren Staatsausgaben liegen dürfte. Allerdings wird allein der höhere Rentenbeitrag 2013 für die privaten Haushalte eine zusätzliche Belastung von fast 100 Mrd. Dollar bringen.

Strukturelles Defizit macht Sparkurs unausweichlich

Trotz der Verbesserung seit 2009 ist ein vergleichsweise hoher Anteil des US-Defizits strukturell, d.h. selbst bei einer andauernden konjunkturellen Erholung wird es nicht viel mehr schrumpfen.

Für 2013 haben wir einen zyklisch bedingten Defizitrückgang von rund 0,5 % des BIP unterstellt, so dass sich das Gesamtdefizit von rund 7 % des BIP 2012 auf 5 % 2013 verringern sollte. Dies ist höher als die 3,7 % in der aktuellen Basis-Projektion des CBO vom Januar 2012, aber dort wird zwangsläufig geltendes Recht unterstellt, also auch dass die Bush-Steuersenkungen per Ende des Jahres komplett auslaufen. Im Alternativ-Szenario (u.a. auf Basis verlängerter Steuersenkungen und ohne automatische Ausgabenkürzung) kommt das CBO hingegen auf ein Defizit von 6,2 %. Dieses Szenario führt jedoch zu einer weiter steigenden Schuldenquote (siehe Schaubild, S. 1).

Ohne den unterstellten negativen fiskalischen Impuls würde die US-Wirtschaft 2013 deutlich kräftiger wachsen als die von uns erwarteten 2 %. Im Jahresdurchschnitt wäre wohl ein Zuwachs beim realen BIP von 3 bis 4 % zu erwarten. Der Spardruck auf der Ebene der untergeordneten Gebietskörperschaften lässt nach, der Bausektor beginnt sich langsam zu erholen, der Schuldenabbau der privaten Haushalte befindet sich 2012 schon im fünften Jahr. Die Kreditvergabe der Banken steigt bereits wieder.

"Policy Mix": Ohne Sparkurs Zinswende der Fed 2013

Sollte sich die Politik wider Erwarten auch 2013 nicht zu einem Sparkurs durchringen können, wäre daher im kommenden Jahr eigentlich mit einer geldpolitischen Wende der Fed zu rechnen. Die Fed hat zwar angekündigt, man wolle aus heutiger Sicht die Zinsen erst gegen Ende 2014 erhöhen. Dies beruht jedoch auf bestimmten Annahmen der FOMC-Mitglieder hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung und unter anderem über die zukünftige Fiskalpolitik. Es ist davon auszugehen, dass eine Mehrheit der Geldpolitiker für 2013 einen mehr oder weniger ambitionierten Sparkurs unterstellt hat. Der dämpfende Effekt der zu erwartenden Konsolidierung auf die Konjunktur macht eine Zinserhöhung 2013 überflüssig. Sollte das Szenario eintreten, dass die oben genannten automatischen Steuer- und Ausgabenveränderungen in vollem Umfang greifen, wäre sogar denkbar, dass die Fed mit zusätzlichen expansiven Maßnahmen gegensteuern könnte.

(1) Dies weicht vom erwarteten Anteil der abgegebenen Stimmen deutlich ab, da der Präsident nicht direkt, sondern von Wahlmännern gewählt wird, so dass sogar ein Wahlsieg mit weniger als 50 % der Stimmen möglich ist.
(2) Wegen unterschiedlicher Umweltauflagen und Steuersätze unterscheiden sich die Benzinpreise von Staat zu Staat.
(3) Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass der Kongress diesen Effekt dämpft, indem man für die neue Legislaturperiode schnelle Abhilfe verspricht. Theoretisch könnten die Steuersätze dann nach zwei Monaten auf dem höheren Niveau wieder gesenkt werden. , dass eine Konsolidierung, die sich stärker auf Ausgabenkürzungen stützt als auf Steuererhöhungen, das Wachstum weniger belastet, bleibt kontrovers. Ein zentraler Punkt ist wohl, ob es der Regierung gelingt, trotz Sparkurs die Stimmung von Verbrauchern und Finanzmärkten zu stabilisieren. Die Kritik, vergangene Erfahrungen mit Phasen von "expansionary consolidation" seien auf die USA gar nicht anwendbar, weil sie kein kleines, offenes Land seien, das über Abwertung und Außenhandel wachsen kann, trifft hingegen nicht zu. Die empirischen Ergebnisse deuten vielmehr darauf hin, dass das äußere Umfeld (Wechselkurs, Auslandsnachfrage) zwar die Kosten der Konsolidierung beeinflusst, aber nicht den optimalen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen.
(4) Siehe z.B. Alesina/Ardagna (2009), Large Changes in Fiscal Policy: Taxes Versus Spending, NBER Working Paper No. 15438.
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