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Fiskalisches Kliff: Absturz verhindert...und nun?

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Auf den letzten Drücker haben die Verantwortlichen in Washington einen Sturz vom "fiscal cliff" verhindert. Die Kompromisslösung verhindert, dass die Fiskalpolitik massiv gestrafft wird, was zu einer Rezession hätte führen können. Allerdings dürfte der Verhandlungsmarathon die Unsicherheit erhöht und das Wirtschaftsvertrauen belastet haben. Weitere politische Schritte sind in den kommenden Wochen erforderlich, um zu verhindern, dass die US-Regierung an die Schuldenobergrenze stößt bzw. automatische Ausgabenkürzungen Anfang März greifen. Auch die mittel- bis langfristige Defizit- und Schuldenproblematik ist mit dieser Entscheidung nicht aus der Welt.

Das Jahr 2013 beginnt also nicht mit einem vermeidbaren Politikunfall. Buchstäblich am Rande des Abgrunds haben Republikaner und Demokraten doch noch eine (Teil-)Lösung für das selbstgebastelte Problem "Fiskalisches Kliff" gefunden. Am Neujahrstag stimmte das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus einer vorher vom mehrheitlich demokratischen Senat verabschiedeten Gesetzesvorlage zu. Präsident Obama kündigte an, das Gesetz zu unterzeichnen und flog dann wieder nach Hawaii zurück, wo er wegen den Verhandlungen über das "fiskalische Kliff" seinen Weihnachtsurlaub unterbrochen hatte.

Damit ist zwar das unmittelbare Problem erst einmal vom Tisch. Aber der neue Kongress, der am 3. Januar seine Arbeit aufnimmt, wird sich schon auf kurze Sicht wieder mit dem Thema Fiskalpolitik beschäftigen müssen, denn nicht alle drängenden Fragen sind beantwortet.

Was sieht der Kompromiss im Einzelnen vor?
- Einkommensteuer: Die unter George Bush 2001 und 2003 verabschiedeten Steuersenkungen, die in den vergangenen Jahren mehrfach verlängert wurden, werden nun dauerhaft festgeschrieben. Allerdings wird bei Haushalten mit einem zu versteuernden Einkommen von mehr als $450.000 in Zukunft ein höherer Spitzensteuersatz von 39,6 % (bisher: 35 %) fällig. Auch werden für Haushalte mit hohen Einkommen die Möglichkeiten eingeschränkt, steuermindernde Tatbestände geltend zu machen. Bei diesen Haushalten werden Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne zudem ab sofort mit 20 % statt wie bisher mit 15 % besteuert. Die jährliche Anpassung der Alternative Minimum Tax (AMT) entfällt in Zukunft, da sie inflationsindexiert wird.
- Erbschaftssteuer: Der Steuersatz für große Vermögen steigt von 35 % auf 40 %.
- Automatische Kürzung der diskretionären Staatsausgaben: Zunächst verschoben von Anfang Januar auf Anfang März 2013.
- Verlängerte Anspruchsdauer auf Arbeitslosenunterstützung: Läuft nicht wie geplant schon Ende 2012 aus, sondern erst Ende 2013.

Hinzu kommen Verlängerungen von Steuernachlässen für Unternehmen, eine Entlastung für Empfänger der staatlichen Medicare-Leistungen (Krankenversicherung für Rentner) und Steuersubventionen im Energiesektor.

Insgesamt erhöht das Paket das Defizit im laufenden Fiskaljahr verglichen mit der Basisprojektion des Congressional Budget Office (CBO) um rund 330 Mrd. Dollar (2 % am Bruttoinlandsprodukt). In den kommenden zehn Jahren fallen die Defizite um fast 4 Billionen Dollar höher aus. Die Basisprojektion beruhte auf der Annahme, dass alle temporären Maßnahmen wie geplant zum Jahreswechsel ausgelaufen wären und dass die eigentlich gesetzlich vorgesehenen automatischen Ausgabenkürzungen auch gegriffen hätten.

Nächste Baustelle: Schuldenobergrenze

Ausgeklammert aus diesem Paket wurde das Thema Schuldenobergrenze. Die Verschuldung der Bundesregierung hat bereits im Dezember die nominal fixierte Obergrenze erreicht, was den Finanzminister zu buchhalterischen Tricks zwingt. In einigen Wochen wird der durch diese Maßnahmen eröffnete Spielraum aber ausgeschöpft sein, die Schuldengrenze wird bindend. Um eine Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung zu vermeiden, muss der Kongress die Grenze bis dahin anpassen. Eine Zustimmung zu einem solchen Schritt werden die Republikaner aber wohl von Zugeständnissen der Demokraten hinsichtlich Einschnitten bei den sozialen Sicherungssystemen abhängig machen.

Sollte im Rahmen einer solchen Anpassung der Schuldenobergrenze nicht auch das Thema "automatische Ausgabenkürzung" geklärt werden, so sind die nun für Anfang März vorgesehenen linearen Einschnitte bei den Ausgaben eine weitere Baustelle, die es in den kommenden Wochen dringend zu bearbeiten gilt. Kaum jemand im Kongress will diese Kürzungen, die insbesondere beim Verteidigungshaushalt, der einen erheblichen Anteil der "diskretionären" Ausgaben ausmacht, drastisch ausfallen würden.

Konjunkturelle Wirkung: Etwas weniger dämpfend

Das nun verabschiedete Paket unterscheidet sich von unseren Annahmen primär in zwei Punkten: Erstens nimmt die steuerliche Belastung für die reichsten Haushalte mehr zu als unterstellt. Zweitens erhalten Arbeitslose mehr Transfers. Die Einkommensteuerbelastung für die Bezieher hoher Einkommen steigt unter dem Kompromiss etwas mehr als wir angenommen hatten. Dies dürfte jedoch aufgrund der hohen Sparneigung dieser Haushalte nur einen geringen Einfluss auf den privaten Konsum haben. Hinzu kommt, dass die Steuerzahler die Auswirkungen zum Teil erst bei der Steuererklärung für 2013, d.h. Anfang 2014, spüren werden. Der Effekt im Kalenderjahr 2013 dürfte tatsächlich durch die zusätzlichen Transfers bei der Arbeitslosenversicherung (laut CBO im laufenden Jahr rund 30 Mrd. Dollar oder 0,2 % der verfügbaren Einkommen) mehr als ausgeglichen werden. Per Saldo ist die konjunkturelle Wirkung des Pakets relativ zu unserer Prognose also tendenziell positiver.

Der temporär abgesenkte Beitrag zur Rentenversicherung steigt - wie von uns erwartet - ab Januar 2013 wieder auf sein normales Niveau. Dies kostet die Haushalte aufs Jahr hochgerechnet rund 90 Mrd. Dollar (0,7 % der verfügbaren Einkommen) und dürfte den privaten Konsum im ersten Quartal dämpfen.

Da die Zukunft der automatischen Ausgabenkürzungen nach dem 1. März offen ist, bleibt hier Spielraum für Überraschungen. Sollten die Einschnitte bei den Ausgaben ganz oder weitgehend ausbleiben, wäre unsere Prognose für die Ausgaben des Bundes 2013 zu konservativ. Wir rechnen bisher mit einem realen Anstieg um weniger als 1 %. Kommen die Kürzungen, die eigentlich für den Januar geplant waren, aber nun in vollem Umfang Anfang März, wäre im zweiten Quartal mit einer spürbar schwächeren Staatsnachfrage zu rechnen, als wir in unserer Prognose unterstellt haben. Entsprechend könnte sich die Gesamtnachfrage unter diesem Gesichtspunkt besser oder schlechter entwickeln als von uns prognostiziert. Aus politischen Gründen ist aber davon auszugehen, dass die Ausgabenkürzungen eher gestreckt oder abgemildert werden.

Schließlich dürfte die anhaltende Debatte über die zunächst ausgeklammerten Themen - Schuldengrenze und Ausgabenkürzungen - in den kommenden Wochen noch zu anhaltend erhöhter Unsicherheit führen, was die wirtschaftliche Aktivität tendenziell dämpft. Per Saldo sehen wir jedoch derzeit keinen Anlass, unsere Wachstumsprognose von 2 % bis 21/2 % für das Jahr 2013 zu ändern.

Defizite und Schuldenstand: Auf mittlere Sicht nicht genug

Der nun erreichte Kompromiss lässt - verglichen mit unserem Basisszenario - ein in geringem Umfang höheres Defizit für das laufende Jahr erwarten (Schaubild). Dies setzt jedoch voraus, dass die Ausgabenkürzungen im März in vollem Umfang greifen - denn das hat das CBO bei seiner Analyse unterstellt. Sollte dies abgemildert werden, würde das Defizit für 2013 noch etwas höher ausfallen. Verglichen mit dem CBO-Basisszenario und dem Alternativszenario "Alles wird verlängert" liegt der Kompromiss etwa in der Mitte. Eine mittel- bis langfristige Tragfähigkeit ist damit nicht erreicht, denn der Schuldenstand der Bundesregierung würde weiter deutlich zunehmen, statt - zumindest relativ zum Bruttoinlandsprodukt - zu sinken.

Der Schuldenstand der öffentlichen Hand liegt - einschließlich der untergeordneten Gebietskörperschaften - bereits bei über 100 % der jährlichen Wirtschaftsleistung. Verbindlichkeiten der Bundesregierung machen den Löwenanteil dieser Schulden aus, wobei die Behandlung der Agencies (Fannie Mae und Freddie Mac) und der von der staatlichen Rentenversicherung gehaltenen Staatsanleihen ausschlaggebend für die genaue Zahl ist. Die von der Öffentlichkeit gehaltenen Schuldtitel des Bunds erreichten Ende September 2012 ein Volumen von gut 70 % des Bruttoinlandsproduktes. Vor diesem Hintergrund bleibt offen, wie die Rating Agenturen den Kompromiss bewerten werden und ob er als ausreichend angesehen wird, um einen potenziellen Downgrade der Kreditwürdigkeit zu vermeiden. Zwar hat die politische Führung zunächst Handlungsfähigkeit bewiesen. Die Einigung erst im letzten Moment, die ausgeklammerten Sachfragen und die ungelöste Problematik der langfristigen Schuldentragfähigkeit sprechen jedoch dafür, dass der Druck auf die US-Regierung aufrechterhalten bleibt. Hinsichtlich Fragen wie den nötigen Reformen in den sozialen Sicherungssystemen und einer Erhöhung der - noch immer - strukturell zu niedrigen Steuereinnahmen bleiben die Politiker in Washington die Antworten nach wie vor schuldig.

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