Was die Restnutzungsdauer ist – und was sie nicht ist
Nach § 4 Abs. 3 ImmoWertV beschreibt die RND die Anzahl der Jahre, in denen eine bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden kann. Sie unterscheidet sich von der technischen Nutzungsdauer: Ein Haus kann technisch länger stehen, wirtschaftlich aber früher an Grenzen stoßen – etwa wegen hoher Instandhaltung, schwacher Energieeffizienz oder veränderten Marktanforderungen.
Warum die RND in Dortmund besonders zählt
In Dortmund treffen heterogene Baualtersklassen und Nutzungen aufeinander: sanierte Bestände in der City, Nachkriegshäuser in Stadtkrone/Hombruch, gewerbliche Strukturen in Hafen und Westfalenhütten-Umfeld. Hier entscheidet die RND, ob sich eine energetische Sanierung rechnet, welche AfA realistisch ist, wie Banken den Beleihungswert sehen – und ob ein Objekt als Halte- oder Entwicklungsfall taugt.
Die Grundformel – und der Weg zur „modifizierten“ RND
Die Basisermittlung ist einfach:RND = Gesamtnutzungsdauer (GND) – Alter am Wertermittlungsstichtag.GND-Richtwerte liefern ImmoWertV und BelWertV (z. B. Wohnhäuser 80 Jahre, Büro 60, Logistik/Handel oft 30–40). In der Praxis wird daraus fast immer eine modifizierte RND: Modernisierungen, Instandsetzungen, energetische Qualität, Instandhaltungsstau, Bauteilzustände und rechtliche/marktliche Faktoren verlängern oder verkürzen die Basis.
Beispiel Dortmund, Wohnhaus (Baujahr 1988):GND 80 Jahre, Alter 37 → Basis-RND 43. Nachweislich erneuerte Gebäudehülle (Dach, Fenster, WDVS) und neue Heizung können die wirtschaftliche RND spürbar verlängern; umgekehrt reduziert ein massiver Stau (Leitungen, Fassade, Haustechnik) die RND – belegbar über Bauteilbewertungen.
Wie man die RND belastbar ermittelt
Ein valides Vorgehen kombiniert:
Dokumente & Historie (Baujahr, Maßnahmen, Rechnungen, Energieausweis),
Objektbegehung (Bauteile, Haustechnik, Feuchte, Wärmebrücken),
Bauteil-RNDs (gewichtet nach Sachwertrichtlinie/Herstellungskosten),
Markt-/Rechtseinflüsse (Lage, Drittverwendungsfähigkeit, Auflagen).
Ergebnis ist eine plausibilisierte modifizierte RND, die in Bewertung (Ertrags-/Sachwert), Bankgespräch und Steuer (AfA-Herabsetzung bei vermieteten Objekten) Bestand hat.
Faktoren, die typischerweise verlängern – und verkürzen
Verlängernd wirken umfangreiche, fachgerecht dokumentierte Modernisierungen (Hülle, Heizung/Lüftung, Leitungen, Dach), konsequente Instandhaltung und eine nachhaltige Marktnutzung (z. B. gefragte Wohnungszuschnitte).Verkürzend wirken anhaltender Instandhaltungsstau, technischer Verschleiß (Leitungen, Statikdetails, Dach), rechtliche Restriktionen oder wirtschaftliche Entwertung (schwache Drittverwendungsfähigkeit bei Spezialgewerbe).
Besondere Fälle: gemischte Nutzung & Gewerbe
Bei Mixed-Use (z. B. Erdgeschoss Handel, darüber Büro) werden die GNDs gewichtet – häufig nach Flächen/Herstellungskosten der Nutzungsteile. So entsteht eine wirtschaftliche GND, aus der die modifizierte RND abgeleitet wird.Bei Gewerbeimmobilien ist die RND oft kürzer: höhere Beanspruchung, schnellere Obsoleszenz technischer Anlagen, spezifische Grundrisse. Gerade in Dortmunds Logistik- und Produktionsclustern lohnt die strenge Prüfung der Drittverwendungsfähigkeit.
Steuerlicher Hebel: RND-Gutachten für AfA
Ist die wirtschaftliche Nutzungsdauer kürzer als der gesetzliche Standard, kann ein Restnutzungsdauer-Gutachten die AfA (bei Vermietung/Gewerbe) verkürzen – mit spürbarem Liquiditätseffekt. Umgekehrt stützt eine längere, gutachterlich begründete RND Investitionsrechnungen (Capex vs. NOI) und Exit-Storys.
Praxisblick Dortmund – worauf Käufer und Eigentümer achten sollten
Energetik & Bauteile zuerst: Dach, Fassade, Fenster, Leitungen, Heizung. Viele 60er/70er-Jahre-Bestände haben „unsichtbaren“ Nachholbedarf.
Nutzungsperspektive: Passt der Grundriss zur lokalen Nachfrage (2–3-Zimmer im Bestand, barrierearme Zugänge)?
Dokumentation: Rechnungen, Gewährleistungen, Prüfberichte – sie machen RND-Anpassungen belastbar und bankfähig.
Reihenfolge der Maßnahmen: Hülle → Technik → Optional PV/WW – sonst verpufft Effizienz.
Fazit
Die Restnutzungsdauer ist keine Rechenübung „nach Tabelle“, sondern das Ergebnis aus Gebäudefakten + Markt + Maßnahmen. Wer in Dortmund die RND transparent herleitet und – wo sinnvoll – aktiv gestaltet, verbessert Bewertung, Finanzierung und Steuerposition gleichermaßen. Genau dafür liefern wir RND- und AfA-Gutachten samt Plausibilisierung auf Bauteilebene – damit aus Annahmen Zahlen werden und aus Zahlen Entscheidungen.