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Neue E-Learning-Psychologie mit Impuls-Vorlesungen als Podcast

Prof. Dr. Roland Bader: „ELAN- Projekt an der HAWK in Holzminden ist die Speerspitze“

(lifePR) (Hildesheim, )
Dass E-Learning einsam macht, ist inzwischen ein längst überholtes Vorurteil. Stattdessen zeigen Erfahrungen mit Online-Seminaren immer deutlicher ganz neue Qualitäten für Lernen und Lehren. Ob Menschen dünn oder dick, laut oder still, schön oder hässlich sind, das ist im Internet unbedeutend. Argumente und Ergebnisse rücken in den Vordergrund. Geschwätz wird - niedergeschrieben - schnell entlarvt.

"Netz-Psychologie" ist das Stichwort von Prof. Dr. Roland Bader von der HAWK-Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit in Holzminden. Bader entwickelt neue Formen des E-Learning - sein Projekt heißt ganz unspektakulär "Mediale Produktion". Die Tatsache, dass das Land Niedersachsen "Mediale Produktion" mit rund 300.000 Euro fördert, lässt auf Besonderes schließen. "Wir sind die Speerspitze", sagt Bader denn auch selbstbewusst, "wir produzieren Inhalte und didaktische Modelle."

"Mediale Produktion" ist eines von insgesamt 16 Vorhaben im Rahmen des Niedersächsischen E-Learning Netzwerkes ELAN (E-Learning Academic Network) und es ist gerade in die Finalistenrunde für den so genannten Medidaprix gekommen. Der Medidaprix ist im Bereich des E-Learning eine hohe Auszeichnung, quasi der Oscar der Branche. Von etwa 120 eingereichten E-Learning Projekten kommen nur zehn in die Endrunde: "Mediale Produktion" ist dabei.

Der Projektname "Mediale Produktion" ist zunächst einmal die Überschrift für Online-Seminare, bei denen Studierende den Umgang und Einsatz mit Medien für ihr späteres Berufsfeld lernen: vom klassischen Interview über die Herstellung von Videos bis hin zu aktuellen Internetformen wie Content Management Systemen, Wikis, Blogs und Online-Videos. Das ist die inhaltliche Ebene.

Anhand dieses Themenkomplexes erproben der Psychologe und Medienexperte Bader und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter, Diplom-Pädagoge Thomas Kittel, beispielhaft verschiedene Formen des Online-Studiums. Aus ihren Erfahrungen entwickeln sie sogenannte Lehrmodule, das heißt didaktische Rahmenvorschläge mit Materialien für Lehrende. Diese können die Module durch eigene Lehrinhalte erweitern und abwandeln. Das ist die strukturelle Ebene.

So weit, so einfach. Ins Schwärmen geraten Bader und Kittel dann aber, wenn es um ein Ziel des Vorhabens geht: "Wir können online gemeinsame Seminare mit anderen Hochschulen realisieren und tun das auch jetzt schon. Der jeweilige Dozent reist nur zu wenigen Präsenzveranstaltungen an die andere Hochschule und betreut ansonsten per Internet seine Studierenden und deren Aufgaben. Das heißt, wir sind nicht mehr auf die Themen und das Lehrpersonal der eigenen Hochschule beschränkt, sondern können irgendwann landesweit, national und international Expertenwissen für unsere Studierenden nutzen und vernetzen." Zudem wird es durch das Projekt möglich, einen Master-Studiengang Soziale Arbeit in Holzminden aufzubauen und damit Studieninteressierte anzusprechen, die nur zu wenigen Präsenzterminen vor Ort anwesend sein müssen. Und letztendlich kommen Online-Angebote im Studium gerade denjenigen Gruppen zu Gute, die in ihrer Mobilität oder zeitlich eingeschränkt sind. Bader denkt da vor allem an Berufstätige oder junge Eltern mit Kindern. Das ist die praktische Ebene des Projektes.

Besonders spannend ist aus Baders Sicht aber auch die psychologische Seite, die E-Learning-Psychologie - ein bisher weitgehend unbearbeitetes Feld. Für die Studierenden heißt E-Learning große zeitliche und räumliche Flexibilität. Die Kehrseite der Medaille sind höhere Anforderungen an die Selbstdisziplin und -motivation. Nun sind das, was Bader und Kittel in Holzminden anbieten, keine Selbstlernkurse. Sondern es handelt sich um Blended Learning, Seminare mit mehreren Anwesenheitsterminen, bei denen sich alle kennen lernen, abstimmen und gemeinsam arbeiten. Dazwischen liegen die online-Arbeitsphasen.

Zentrale Frage für Bader und Kittel ist bei ihren Seminaren: "Wie erzeuge ich online Motivation oder auch mal Druck, damit die Studierenden bei der Stange bleiben?" Die Studierenden werden nicht einfach mit Texten gefüttert oder in die Weiten des World Wide Webs geschickt, sondern sie bekommen vorab selbst erstellte multimediale Materialien, klare Ablauf- und Anforderungspläne sowie taktische Lerntipps mit auf den Weg. "Entscheidend ist ein regelmäßiger Impuls vom Professor an seine Studierenden. Wir machen das wöchentlich und schicken beispielsweise eine Minivorlesung als Podcast oder Videos in die Lerncommunity", beschreibt Bader. Außerdem gebe es immer neue Aufgaben, sowohl individuelle als auch Gruppenaufgaben sowie Lernmaterialien zum jeweiligen Thema.

Für die Onlinephasen entwickelt wurde eine Checkliste, in der alle Aufgaben samt ihrer zeitlichen Einordnung aufgeführt sind. Die Studierenden tragen wöchentlich ihren Arbeitsstand ein. Die Checkliste schafft Übersicht und fördert die Selbstkontrolle. Die Einträge jeder Person sind für die gesamte Gruppe und natürlich den Professor einsehbar. So weiß er sofort, wer im Zeitplan liegt und aktiv mitarbeitet und wer nicht. "Schummeln und einfach etwas eintragen, was noch gar nicht erledigt ist oder bei den anderen abgucken, geht schief", sagen Bader und Kittel. Die Gesamtleistung bringt wie beim normalen Seminar letztlich doch alle Lücken ans Tageslicht.

Entscheidend beim E-Learning ist auch der Kontakt der Gruppe untereinander, bei dem eine ganz neue Ebene des gemeinsamen Lernens entsteht. Die Kommunikation funktioniert im Forum. Jeder und jede entwickelt ein Thema mit eigenen Beiträgen weiter. Was zählt, sind wissenschaftliche Argumente und saubere Recherche. Gedanken und Ideen in vernünftige Sätze zu schreiben, ist gemeinhin viel aufwändiger als sie einfach nur auszusprechen.

Der inhaltliche Kern des jeweiligen Moduls liegt in Form von so genannten Wikis vor, das sind Online-Themenkomplexe, die von Fachleuten und Lehrenden kooperativ oder kollaborativ zu einzelnen thematischen Stichpunkten entwickelt und gefüllt werden. Die einzelnen Wikis sind vergleichbar mit Handbucheinträgen und stellen den aktuellen Stand der Forschung in Praxis und Theorie dar. Die Wikis und Arbeitsergebnisse stehen übrigens zum Großteil offen im Netz, so dass auch Außenstehende vom Thema profitieren können.

Bei all dem wird von selbst deutlich, so fasst Bader zusammen, dass allein die Vorbereitung eines solchen E-Learning-Seminars für den Professor aufwändiger ist, als für eine herkömmliche Frontalvorlesung im Hörsaal. Zeit erfordert auch die Betreuung der Studieren, zudem sei sie intensiver: "Wir planen sehr viel Zeit für Rückmeldungen ein. Ein Dozent kann ja im Netz theoretisch auf die Argumente von zwanzig Leuten reagieren." Und nicht nur auf eines, wie in einer Präsenzdiskussion. Dies sei natürlich ein riesiger Vorteil für die Studierenden, denn der aktive Austausch mit den Lehrenden mache einen Großteil der Qualität eines Studiums aus.

Bader sieht denn auch insgesamt eine große Zukunft beim E-Learning. Der Vorstellung leerer Hörsäle und einer ausschließlich virtuellen Hochschule erteilt er trotzdem eine klare Absage: "E-Learning ersetzt die Präsenz-Hochschule nicht, ist aber eine hervorragende und notwendige Ergänzung, wenn man die richtigen Formen nutzt." Und solche entwickelt er gemeinsam mit Kittel ja schließlich gerade.

Die technische Basis ist unterdessen fertig gestellt. So arbeitet "Mediale Produktion" mit den Lernplattformen Stud.IP und Moodle und hat einige weit verbreitete Techniken des Web 2.0 auf den Servern der Hochschule integriert: ein Videopräsentationssystem, einen Server für Podcasts, Content Management Systeme, in denen Studierende einzelne Internetprojekte realisieren können. Ganz neue Wege beschreitet "Mediale Produktion" mit einem internetgestützten Portfoliosystem, in dem Studierende ihre Arbeitsergebnisse festhalten und ihre Kompetenzen dokumentieren können. Weitere Techniken wie Blogs und ein Online-Videoschnittsystem sind noch in Arbeit.

Kooperationspartner des HAWK-Projektes sind die Universität Osnabrück, die Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/ Wilhelmshaven und die Fachhochschule Osnabrück. Das aktuelle Förderprogramm heißt ELAN III und läuft bis 2009. Insgesamt hat das Land 3,7 Millionen Euro für alle 16 Projekte zur Verfügung gestellt und gerade eine außerordentlich positive Zwischenbilanz gezogen. Eine von der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen (WKN) eingesetzte unabhängige Gutachtergruppe attestiert dem Projekt jetzt, dass Niedersachsen in Sachen E-Learning mehr denn je in einer bundesweiten Vorreiterrolle gesehen werde.

Weitere Informationen:

www.medialeproduktion.de
elearning.hawk-hhg.de
www.elan-niedersachsen.de
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