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Okkupiert, annektiert und profitiert

Wie internationale Unternehmen und deutsche Finanzinstitute von völkerrechtswidrigen Handlungen in besetzten und annektierten Gebieten profitieren und diese fördern

(lifePR) (Berlin, )
  • Deutsche Banken unterhalten Finanzbeziehungen zu Unternehmen, die in besetzten und annektierten Gebieten tätig sind, in einer Größenordnung von 44 Mrd. €
  • Unternehmen und Banken vernachlässigen ihre menschenrechtliche Aufsichtspflicht und laufen Gefahr sich an völkerrechtswidrigen Siedlungsaktivitäten, Zerstörung von Infrastruktur oder der Ausbeutung von Ressourcen in besetzten und annektierten Gebieten zu beteiligen und davon zu profitieren
  • Allein auf die Deutsche Bank entfallen 45% dieser Finanzbeziehungen, auch die KfW ist betroffen
  • Nur wenige Banken schließen Finanzbeziehungen zu Unternehmen strikt aus, die in besetzten und annektierten Gebieten tätig sind
  • Auch deutsche Konzerne wie Siemens, HeidelbergCement und DHL fallen in der Studie negativ auf
Eine heute in Berlin veröffentlichte Studie der NGO Facing Finance dokumentiert 27 Unternehmen, die in besetzten und annektierten Gebieten (Westsahara, Krim und den palästinensischen Gebieten) tätig sind und dort riskieren, völkerrechtswidrige Handlungen zu unterstützen. Zudem identifiziert der Bericht 15 deutsche Finanzdienstleister und zugehörige Vermögensverwaltungsgesellschaften, die an diese Unternehmen Kredite in Höhe von 11,8 Mrd. € vergeben, Anleihen in einer Größenordnung von 12,4 Mrd. € ausgegeben, Aktien-Bestände in Höhe von gut 19 Mrd. € sowie Anleihen im Wert von gut 1 Mrd. € halten. Die Versorgung mit Kapital macht dabei rund 55 % der identifizierten Finanzbeziehungen aus und zeigt, dass deutsche Finanzdienstleister nicht nur von Geschäftstätigkeiten in Verbindung mit völkerrechtswidrigen Handlungen in besetzten Gebieten profitieren, sondern diese auch befördern.

Allein die Deutsche Bank unterhält Finanzbeziehungen zu den untersuchten Unternehmen in Höhe von über 20 Mrd. €, was über 45% aller identifizierten Finanzbeziehungen (44,4 Mrd. €) deutscher Banken ausmacht. Zweitgrößter Kreditgeber der untersuchten Unternehmen ist die Commerzbank, zweitgrößter Investor ist die staatliche KfW Bankengruppe, die aufgrund der Privatisierung der Deutschen Post AG größte Einzelaktionärin des in der Studie untersuchten Unternehmens ist. Ein Blick auf die Richtlinien deutscher Banken zeigt, dass oftmals keine umfassenden Anforderungen an Unternehmen gestellt werden, wenn es um wirtschaftliche Aktivitäten in besetzten und annektierten Gebieten geht. Ausnahmen bilden mehr oder weniger umfänglich die EthikBank, die GLS Bank, die KD Bank, die LBBW, Triodos Investment Management und die Pax Bank.

Nicht nur Unternehmen sondern auch ihre Finanzdienstleister müssen die Normen des humanitären Völkerrechts in Bezug auf den Schutz der Menschen in besetzten und annektierten Gebieten berücksichtigen“, fordert Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand von Facing Finance, Herausgeber und Ko-Autor der Studie.

Als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen in diesem Kontext gelten u.a. Siedlungsaktivitäten, Landnahme, Umweltverschmutzung, die Zerstörung von Wohnhäusern der besetzten Bevölkerung, die Ausbeutung von Ressourcen zum eigenen Nutzen und Nachteil der ansässigen Bevölkerung sowie die nicht vollständige Erfüllung der völkerrechtlich vorgeschriebenen Ordnungs- und Versorgungspflichten einer Besatzungsmacht. Gleiches gilt für Kollektivstrafen und die Errichtung von Sperranlagen, welche die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung in besetzten Gebieten einschränken.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass sich Unternehmen und Finanzdienstleister, die diese Handlungen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit unterstützen bzw. diese finanzieren, an diesen Verstößen mitschuldig machen.

So waren z.B. zahlreiche Bauunternehmen und Baumaschinenhersteller an der Errichtung israelischer Siedlungsstrukturen im besetzten Westjordanland, dem völkerrechtswidrigen Bau der Sperranlage und an der Zerstörung palästinensischen Wohnraums und physischer Strukturen beteiligt. Auch die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen im Westjordanland und der Westsahara sowie dem Infrastrukturausbau in besetzten Gebieten gelten als Verstoß gegen das Völkerrecht. Unternehmen wie HeidelbergCement, Hyundai Heavy Industries, Caterpillar, Volvo Group, Siemens und Bombardier tragen zu diesen Verstößen bei.

Die Studie kritisiert auch Tourismusangebote wie „Caliber 3“, die über die Reiseplattform TripAdvisor zu buchen sind. Dort können Touristen von einer privaten, israelischen „Sicherheitsakademie“ in einer völkerrechtswidrigen Siedlung im Westjordanland, in einer zweistündigen rundum Schießerfahrung den israelischen Anti-Terror-Kampf gegen ihre palästinensischen Nachbar*innen erlernen.

Auch in der von Marokko besetzten Westsahara profitieren zahlreiche internationale Konzerne von natürlichen Ressourcen und dies zumeist auf Kosten der sahrauischen Bevölkerung. Siemens bzw. Siemens Gamesa ist dort beispielsweise an marokkanischen Windkraftprojekten beteiligt. Internationale Unternehmen importieren zudem von marokkanischen Firmen abgebautes Phosphat (z.B. Nutrien). Tourismusunternehmen (z.B. Booking.com) wiederum profitieren von marokkanischen Angeboten in der Westsahara über Buchungen auf ihren Reiseportalen.

Trotz internationaler Sanktionen auf der Halbinsel Krim haben Unternehmen wie DHL oder METRO ihre Geschäftstätigkeiten nach derzeitigem Kenntnisstand nicht vollständig eingestellt. Mit ihren Dienstleistungen unterlaufen sie Sinn und Wirksamkeit der Sanktionen, die aufgrund der rechtswidrigen Annexion der Halbinsel durch Russland verhängt wurden.

„Finanzdienstleister müssen jegliche Finanzbeziehungen zu Unternehmen einstellen, die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit zur Entwicklung, Erhaltung und Erweiterung von Siedlungen in den besetzten und annektierten Gebieten beitragen oder sich an der Ausbeutung und Zerstörung von Land und Eigentum beteiligen,“ sagt Thomas Küchenmeister. Er verweist darauf, dass sich Unternehmen und ihre Finanzdienstleister sogar dem Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Komplizenschaft an Kriegsverbrechen aussetzen könnten.

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