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LAG München zur Staatenimmunität

(lifePR) (Düsseldorf/München, )
Das LAG München hat in den vorliegenden Entscheidungen die Zulässigkeit einer Klage vor dem Arbeitsgericht München gegen die Republik Ch. bejaht.

Den Entscheidungen lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war Angestellte in einem Konsulat der Republik Ch. und dort auch unstreitig mit hoheitlichen Aufgaben betraut. Die Republik Ch. als Arbeitgeberin hatte während der Dauer der Beschäftigung vom Bruttogehalt der Klägerin nicht nur den Arbeitnehmeranteil, sondern auch den Arbeitgeberanteil zur deutschen Sozialversicherung abgezogen. Darüber hinaus hatte sie für einen vorübergehenden Zeitraum von einigen Monaten der Klägerin das Gehalt bei gleich bleibender Arbeitszeit einseitig gekürzt. Die Klägerin macht vor dem Arbeitsgericht München, die von ihrem Bruttolohn abgezogenen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und das gekürzte Gehalt geltend. Die Republik Ch. meint, die Klage sei unzulässig. Sie sich dabei auf § 20 Abs. 2 GVG, wonach ein ausländischer Staat nicht vor einem deutschen Gericht verklagt werden kann, wenn hierdurch sein hoheitliches Handeln betroffen ist.

Das Arbeitsgericht München hat mit Teilzwischenurteil die Zuständigkeit insoweit bejaht als die Klägerin Gehalt in Höhe der abgezogenen Arbeitgeberbeiträge geltend gemacht hat, im Übrigen aber hatte es mit gesondertem Teilurteil die Klage als unzulässig abgewiesen.

Zur Begründung führte das Arbeitsgericht München aus, dass mit der Klage - soweit die Klägerin die abgezogenen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung geltend macht - das hoheitliche Handeln der Republik Ch. nicht betroffen sei. Soweit die Klägerin hingegen das gekürzte Gehalt geltend macht, sei das hoheitliche Handeln der Republik Ch. betroffen.

Hinweis des Verfassers: Das Arbeitsgericht München ging in seinem Teilurteil fehlerhaft davon aus, dass mit der Gehaltskürzung auch eine Arbeitszeitkürzung verbunden gewesen wäre.

Gegen das Teilzwischenurteil des Arbeitsgerichts München hat die Republik Ch., gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München die Klägerin Berufung zum LAG München eingelegt.

Die Klägerin war in beiden Berufungsverfahren erfolgreich. So hat das LAG München die Berufung der Republik Ch. gegen das Teilzwischenurteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und gleichzeitig das Teilurteil des Arbeitsgerichts München aufgehoben und auch insoweit die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München bejaht.

Zwar geht auch das LAG München von einem Ausschluss der deutschen Gerichtsbarkeit aus, wenn hierdurch die hoheitliche Tätigkeit des ausländischen Staates betroffen ist. Maßgebend hierfür ist jedoch nicht - so das LAG München - ob an dem Streit eine Person (Arbeitnehmerin) beteiligt ist, die hoheitliche Tätigkeiten ausübt, sondern ob die" Angelegenheit" also das streitige Rechtsverhältnis" die hoheitliche oder die nichthoheitliche Tätigkeit des ausländischen Staates betrifft. Ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht hoheitliche Staatstätigkeit in diesem Sinne ist nicht deren Form, Motiv oder Zweck, sondern die Natur der umstrittenen staatlichen Handlung beziehungsweise des streitigen Rechtsverhältnisses. Misst man - so das LAG München - die Streitgegenstände des vorliegenden Rechtsstreits an diesen Grundsätzen, ergibt sich, dass durch die von der Klägerin begehrte gerichtliche Entscheidung die hoheitliche Tätigkeit der Republik Ch. beziehungsweise die konsularischen Beziehungen in ihrem Kernbereich nicht behindert werden. Denn die von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweisen der Republik Ch. sind nicht typischer Ausfluss der ausländischen Staatsgewalt.

Die Entscheidung ist insofern von Bedeutung, als nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ein ausländischer Staat grundsätzlich nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen ist, wenn es sich um sog. Bestandsstreitigkeiten (also Kündigungsschutzklagen) handelt und der klagende Arbeitnehmer nach dem Inhalt seines Arbeitsvertrages originär konsularische (hoheitliche) Aufgaben wahrzunehmen hat. Über weiter gehende Fallgestaltungen - insbesondere außerhalb sog. Bestandsstreitigkeiten - hatte das BAG bislang nicht zu entscheiden.

Das LAG München hatte nun erstmals eine differenziertere Betrachtungsweise angestellt und nicht allein darauf abgestellt, dass die Arbeitnehmerin auch in hoheitlicher Funktion für den ausländischen Staat tätig war, sondern sich gefragt, ob durch den Streitgegenstand selbst das hoheitliche Handeln des beklagten Staates betroffen ist. Im vorliegenden Fall hat es dies verneint, obwohl die Klägerin unstreitig (auch) in hoheitlicher Funktion für Ch. tätig war.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht ist zugelassen.

Urteile des LAG München vom 27.11.2009
Az. 3 Sa 572/09
Az. 3 Sa 583/09

Verfasser: RA Greiner, Eurojuris-Kanzlei in München (www.ra-bgg.de)

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