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Zwischen Orient und Okzident

Sinan Ünels Schauspiel "Pera Palas" spiegelt ein Jahrhundert türkischer Geschichte

(lifePR) (Heilbronn, )
Istanbul, Weltstadt am Bosporus. Hier treffen Orient und Okzident aufeinander. Mitten im Zentrum das legendäre Grandhotel Pera Palas, in dem Agatha Christie ihren „Mord im Orientexpress“ schrieb, oder Hemingway, Hitchcock, Greta Garbo, Mata Hari und diverse Staatsmänner zu den Gästen zählten.
Dieses Hotel ist Handlungsort für das gleichnamige Stück „Pera Palas“, das auf raffinierte Weise drei Geschichten aus verschiedenen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts verknüpft und einen Bogen von den liberalen Reformen Atatürks bis zum Erstarken des religiösen Fundamentalismus und Nationalismus unserer Tage schlägt. Am 19. März 2017 hat das Schauspiel von Sinan Ünel in der Regie von Jens Kerbel Premiere auf der Großen Bühne Premiere.
Angesichts der historischen Rolle rückwärts in der Türkei, die mit immer härteren Repressionen des Staates gegen Freiheit und Demokratie im eigenen Land einhergeht, gewinnt der 1995 entstandene Text heute eine noch viel stärkere Brisanz als in seiner Entstehungszeit. Regisseur Kerbel schätzt an diesem Stück, dass es durch den in Amerika lebenden türkischen Autor Sinan Ünel keinen einseitigen westlichen Blick auf die Türkei einnimmt, sondern die gegenwärtigen Entwicklungen des Landes aus den persönlichen Erfahrungen und der Historie heraus analysiert. Gleichzeitig hat es eine große poetische Kraft, ist voller Geheimnis, Pathos, Tragik, Triumph und Humor.

Zum Inhalt
Der erste Zeitstrang führt in die Jahre 1918-1924. Da ist die junge englische Autorin Evelyn Crawley, die 1918, als Istanbul noch Konstantinopel hieß und Hauptstadt des Osmanischen Reiches war, die majestätische Stadt besucht. Als erste westliche Frau wird sie in den Harem eines führenden Paschas eingeladen, lernt dessen Frauen und Kinder kennen. Als Feministin kann sie kaum verstehen, wie die Frauen es in diesem „goldenen Käfig“, in dem sie zur Tatenlosigkeit verdammt sind, aushalten. Ebensowenig können die Frauen im Harem begreifen, dass Evelyn ihre Unabhängigkeit schätzt.
Doch die Zeiten sind unruhig. Das Ende des ersten Weltkrieges markiert auch den Untergang des osmanischen Reiches, die Siegermächte teilen das Land und die Stadt unter sich auf. Unter Mustafa Kemal (Atatürk) wird die  türkische Republik gegründet, das Sultanat abgeschafft, die strenge Trennung von Religion und Staat eingeführt, das Tragen von Schleiern und Fes verboten und Männer und Frauen für gleichberechtigt erklärt. Konstantinopel wird nun offiziell zu Istanbul und verliert den Hauptstadtstatus. Eine Zeit des demokratischen Fortschritts in der Türkei, aber können staatliche Reformen auch das Denken der Menschen verändern? Evelyn Crawley ist fasziniert und befremdet zugleich von den Traditionen dieses Landes, aber sie ist noch stärker empört von der Arroganz ihrer Landsleute, die sich gar nicht bemühen die Andersartigkeit dieser Kultur zu verstehen.

Der zweite Zeitstrang spielt 1952/1953. Die junge Amerikanerin Kathy, Lehrerin in Istanbul, ist in den progressiven Türken Orhan verliebt. Ihre Schwester Anne ist skeptisch. Kann das gut gehen – eine Amerikanerin und ein Türke? Die Zeiten haben sich geändert.  In den türkischen Zeitungen sind Frauen mittlerweile auch im Badeanzug abgebildet und sie arbeiten als Richterinnen oder Ärztinnen. Trotzdem halten die Menschen an der Tradition fest. Orhans Mutter Bedia war einst Sklavin im Harem des Paschas. Sie ist strikt gegen die Verbindung ihres Sohnes mit einer Ungläubigen. Und auch Kathy hat ihre Zweifel. Kann Liebe stärker sein als alle kulturellen Unterschiede?

1994. Kathy und Orhan haben einen Sohn, Murat, der neun Jahre lang in Amerika gelebt hat, ohne sich zu melden. Jetzt ist er wieder in seiner Heimatstadt, zusammen mit seinem Lebensgefährten Brian. Eigentlich möchte er nichts lieber, als in den Schoss seiner Familie zurück zu kehren, aber er traut sich einfach nicht, sich bei ihnen zu melden. Sein Heimatland ist unterdessen fest in der Hand einer islamischen Elite, die Frauen tragen wieder Schleier. "Als wären die Geister aus ihren Gräbern auferstanden", findet Orhan.

Hintergrundinfo: 1994 wurde Erdoğan Oberbürgermeister von Istanbul
Übrigens begann zu dieser Zeit, 1994, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seine politische Karriere als Bürgermeister von Istanbul. Er verfolgte eine streng religiös-konservative Politik, mit der er eine Abkehr von der westlichen Orientierung in seiner Heimatstadt einleitete. In diese Zeit fiel auch seine noch heute vielzitierte Aussage, dass es unmöglich sei, gleichzeitig laizistisch und ein Moslem zu sein. Außerdem outete er sich als Anhänger der Scharia. Weitere religiös motivierte Änderungen waren die Einführung gesonderter Badezonen für Frauen oder getrennter Schulbusse für Jungen und Mädchen. Mit seinem Pragmatismus allerdings erwarb er sich ein großes Ansehen bei der Bevölkerung unter anderem durch die Instandhaltung der Strom- und Wasserleitungen und die Verbesserung der Entsorgung.

Familiensaga im Erinnerungsraum

Das Stück hat Anklänge an eine große Familiensaga und eine sehr spannende Konstruktion, so Jens Kerbel. Alle Episoden werden zeitgleich, nicht chronologisch präsentiert, was sich wiederum auf die Bühne von Gesine Kuhn auswirkt. Für die 12 unterschiedlichen Orte wie Hotelzimmer, Harem, verschiedene Wohnhäuser auf drei Zeitebenen hat sie einen Raum geschaffen, der schnelle Szenenwechsel und die Gleichzeitigkeit von Ereignissen ermöglicht. Entstanden ist ein Erinnerungsraum, der von schrägen Holzstegen (wie Lebenslinien) durchzogen wird, die die Geschichten voneinander trennen, sie zeitgleich verbindend bebildern und ein hohes Tempo zulassen.

Der Autor Sinan Ünel wurde 1958 in den Vereinigten Staaten als Sohn einer Amerikanerin und eines Türken geboren. Er verbrachte seine Kindheit und Jugend in der Türkei und kehrte in die USA zum Studium der englischen Literatur und des Dramatischen Schreibens an der University of Kansas zurück. Ünel hat bis heute 14 Stücke verfasst. Pera Palas, 1995 erschienen, ist bislang sein erfolgreichstes Stück. Es wurde bereits umjubelt am Broadway und in London aufgeführt. „Pera Palas“ ist das erste Stück von Sinan Ünel, das ins Deutsche übersetzt wurde.

Premiere am 19. März 2017, 19.30 Uhr, Großes Haus
Pera Palas
Schauspiel von Sinan Ünel
Übersetzt von Constanze Hagelberg

Regie: Jens Kerbel
Ausstattung: Gesine Kuhn
Dramaturgie: Lena Fritschle
Musik: Stefan Ohm
Mit: Anjo Czernich, Stefan Eichberg, Stella Goritzki, Frank Lienert-Mondanelli, Judith Lilly Raab, Paul Louis Schopf, Raik Singer, Tamara Theisen, Sabine Unger, Katharina Voß, Sven Marcel Voss

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