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Der Krieg findet nicht statt!

Jacques Offenbachs "Die Großherzogin von Gerolstein" an der Staatsoperette Dresden

(lifePR) (Dresden, )
Jacques Offenbachs "Großherzogin von Gerolstein" war der Erfolg der Pariser Weltausstellungs-Saison von 1867. Diese Opéra-bouffe gehört zu jenen Werken, in denen Operettenwirklichkeit und Realität miteinander zu verschmelzen scheinen. Nach den Antiken- und Mittelalter-Travestien wie "Orphée aux Enfers" (1858), "La Belle Hélène" (1864) oder "Barbe-Bleu" (1866) wandten sich Offenbach und seine Librettisten Henri Meilhac und Ludovic Halévy mit den nahezu gleichzeitig entstandenen Werken "La vie parisienne" und "La Grande-Duchesse de Gérolstein" nur wenig verklausuliert der unmittelbaren Gegenwart und ihren Themen zu.

Die Politiker, Staatsbeamten und Militärs, die zur Weltausstellung in Paris weilten, konnten sich und ihre Themen im Bühnengeschehen wiedererkennen. Durch ihre jahrelangen Erfahrungen mit der Pariser Zensur konnten die Autoren aktuelle Themen durch Satire und Parodie haarscharf am Eingriff der Polizei vorbeimanövrieren. Der russische Zar amüsierte sich im Zuschauerraum des Theatre des Varietés ebenso wie Bismarck über die politischen Anspielungen der Handlung.

Die Rolle der Großherzogin erwies sich für Hortense Schneider - Offenbachs Lieblingsinterpretin - als wahrer Türenöffner: Als Großherzogin von Gerolstein war sie Mittelpunkt vieler Empfänge von Fürsten und Durchlauchten, die sie zuvor auf der Bühne in Offenbachs Theater bewundert hatten.

Zeitthemen im Fantasiestaat

Nicht nur, dass die Handlung der "Großherzogin von Gerolstein" offensichtlich auf Themen wie Kleinstaaterei, die preußische Expansionspolitik und die Kriege der neuen westeuropäischen Allianz gegen das Habsburgische Reich und Dänemark dieser Zeit verweist. Letztlich reicht die Spanne realpolitisch bis zum Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, dessen Ausbruch den deutschen Juden Jacques Offenbach aus Paris ins deutsche Exil nach Bad Ems zwingen sollte. Mit diesem Krieg hatte die frei erfundene Handlung der Opéra-bouffe einen ihrer Schöpfer in der Realität eingeholt: Das zuvor noch in einem Fantasiestaat entworfene Handlungsgeflecht um Militärs und ihre sinnlosen Kriege wurde schneller blutige Realität, als die zur Weltausstellung drei Jahre zuvor anwesenden europäischen Staatsoberhäupter ahnten. Die analytische Kraft der Gattung Operette war ihrer Zeit hier deutlich voraus. Politik, Kleinstaaterei und Krieg als Thema der Operette sind in der "Großherzogin" nicht illustrierend gedacht (wie noch wenige Jahre zuvor in Donizettis "Regimentstochter" und ähnlichen Werken), sondern bewusst gewählte Themen des allgemeinen Tagesdiskurses, der sich unter anderem auch in den Zeitungen der Zeit spiegelte.

Den Autoren gelang es damit - und das war Teil ihres Erfolges - Themen auf die Bühne des Unterhaltungstheaters zu holen, die für gewöhnlich den ernsteren Gattungen vorbehalten waren. Damit weitete sich der Rezipientenkreis: nun saßen nicht mehr nur das Bürgertum, sondern auch Vertreter des Adels und der Politik im Zuschauerraum.

Von Paris nach Wien

Die Fassung der Pariser Uraufführung am 12. April 1867 erwies sich trotz ihres großen Erfolges als zu lang, so dass die Autoren schon für die nächsten Aufführungen deutliche Änderungen an ihrem Werk vornahmen.

Vor allem der zweite und dritte Akt waren davon betroffen. Durch große Striche sowie Umstellungen verlor die Handlung allerdings an Stringenz. Aus diesem Grunde nutzte Offenbach die Möglichkeit, das Stück anlässlich der Wiener Erstaufführung, die nur einen Monat später am 15. Mai 1867 im Theater an der Wien stattfand, einer gründlichen Revision zu unterziehen. Diese Wiener Fassung ist somit eine Weiterentwicklung der zweiten Pariser Fassung. Ein Verfahren, das Offenbach, der in Wien seit 1859 Erfolge feiern konnte, schon des Öfteren praktiziert hatte.

Im Falle der "Großherzogin" wurden u.a. einige Nummern, wie das Finale des zweiten Aktes, gänzlich neu konzipiert, andere gekürzt oder gestrichen. Das Ergebnis war eine stringentere Dramaturgie in Musik und Buch, die Aufführungsdauer orientierte sich wieder an der sonst üblichen Spieldauer.

Eine wesentliche Veränderung erfuhr die musikalische Gestaltung der Titelfigur durch die Besetzung mit der gefeierten Sopranistin Marie Geistinger. Für sie arbeitete Offenbach den Gesangspart um, hatte er in Paris diesen doch für den dortigen Star der Operettenbühnen Hortense Schneider geschrieben, deren Gesangsregister deutlich tiefer lag. In der transponierten Wiener Fassung erhielten vor allem die Ensembles mehr Brillanz in der Führungsstimme. Zudem glich Offenbach die Besetzung dem größeren Orchesterapparat des Theaters an der Wien an. Die Wiener "Neue Freie Presse" urteilte am 18.5.1867 nach der Wiener Premiere:

"Offenbach behandelt seine Musik von jeher mit leichter Meisterschaft, alles sprudelt lustig und launig, ohne ins Stocken zu geraten; die anmutigen Weisen springen dem Componisten fertig aus dem Haupt, in voller Rüstung, mit Balletthöschen und in niedlichen Ballettschuhen."

Tatsächlich war die Wiener Aufführung in der Übersetzung von Julius Hopp für Jacques Offenbach ein nachhaltiger Erfolg. "Herr Jacques Offenbach kann die ,Großherzogin von Gerolstein' seinen besten Erfolgen zuzählen. Er hat einmal wieder den Vorwurf schweigen gemacht, qu'il n'était grand que dans les petites choses", war etwa im Neuen Fremdenblatt am 15. Mai 1867 zu lesen.

Auch in Wien reagierte man auf die Wahl eines zeitgenössischen Sujets begeistert und amüsierte sich über den Aktualitätsbezug der Handlung, obwohl selbstverständlich auch hier die Zensur versucht hatte, die politische Deutlichkeit des Buches zu entschärfen: "Seltsames Land, dieses Gerolstein! Man arrangiert dort Kriege, wie anderwärts Hofjagden; der Militär-Schematismus ist das Buch der Bücher: man schwört darauf, wie sonst auf die Bibel. Gemeine Soldaten werden da über Nacht Generale und avanciren außer der Tour" (Neue Freie Presse, 18. Mai 1867).

Dresdner Offenbach

Den Kern der Dresdner Produktion, die im Rahmen eines auf mehrere Jahre hin angelegten Offenbach- Zyklus' unter der musikalischen Leitung von Chefdirigent Ernst Theis steht, bildet die von Offenbach autorisierte Wiener Fassung vom Mai 1867, die, im Sinne einer noch stringenteren Dramaturgie, um Nummern aus den Pariser Fassungen ergänzt wird. Um der schon bei Offenbach wichtigen Ebene einer aktuellen Textversion heute gerecht zu werden, hat sich das Produktionsteam dafür entschieden, durch die erfahrene Übersetzerin Bettina Bartz eine neue Textfassung anfertigen zu lassen.

Der niederländische Regisseur Michiel Dijkema liest das Stück für seine Dresdner Inszenierung konsequent als Panoptikum aller Kriege der Weltgeschichte und fährt deshalb im wahrsten Sinne des Wortes schwere Geschütze auf. Paradoxerweise spielt das Stück, in dem es tatsächlich nie zu einer Schlacht kommt, bei ihm an der Front.

Die Großherzogin von Gerolstein

- Opéra-bouffe in drei Akten von Jacques Offenbach
- Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
- Neue deutsche Übersetzung von Bettina Bartz

- Musikalische Leitung: Ernst Theis
- Inszenierung: Michiel Dijkema
- Choreinstudierung: Thomas Runge
- Dramaturgie: André Meyer
- Bühnenbild: Michiel Dijkema
- Kostüme: Jakob Knapp
- Großherzogin: Sabine Brohm / Elke Kottmair
- Fritz, Grenadier: Frank Ernst / Timothy Oliver
- Prinz Paul: Bernd Könnes /Andreas Sauerzapf
- Baron Puck: Christian Grygas / Bryan Rothfuss
- General Bumm: Herbert G. Adami / Elmar Andree
- Baron Grog: Andreas Schwarze
- Nepomuk: Florian Maser
- Wanda: Iris Stefanie Maier / Jeannette Oswald / Isabell Schmitt
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