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"Neue Strategie der EZB senkt Hoffnungen auf eine baldige Zinswende" - der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

(lifePR) (Starnberg, )
Im Januar 2020 leitete die erst kürzlich ernannte Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, eine Strategieüberprüfung ein. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist eine neue Strategie, die am 8. Juli vorgestellt wurde. Doch was sind die Schwerpunkte der neuen Strategie und wie sind diese einzuordnen? Gehen Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars diesen Fragen auf den Grund.

Markt-Monitoring und Ausblick


Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor verharrt seit Dezember zwischen - 0,57% und - 0,53% und steht aktuell bei - 0,548%. Bis Ende 2021 erwarten wir einen Seitwärtsverlauf zwischen - 0,50% und - 0,60%. Dieser orientiert sich an der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz/3M steht derzeit bei - 0,04%. Mit Sicht auf die nächsten 6-12 Monate rechnen wir mit steigenden Kapitalmarktzinsen. Ob es sich um eine echte Zinstrendwende handelt, oder nur um einen Zinsbuckel wie in 2011, beantworten wir Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch.

Neue Strategie der EZB senkt Hoffnungen auf eine baldige Zinswende

Die neue Strategie der EZB beinhaltet im Wesentlichen zwei Eckpfeiler: Eine Neuausrichtung der geldpolitischen Strategie und einen Maßnahmenplan zum Klimawandel. Ersteres sieht vor allem eine Änderung des Inflationsziels von „unter, aber nahe zwei Prozent“ zu „symmetrisch und mittelfristig bei zwei Prozent“ vor. Dies bedeutet, dass eine längere Phase niedriger Inflation mit einer längeren Phase höherer Inflation ausgeglichen werden kann. So soll verhindert werden, dass die EZB voreilige Zinsanpassungen beschließt und damit beispielsweise eine wirtschaftliche Erholungsphase gefährdet, wie es bei der letzten Zinserhöhung 2011 der Fall war. Des Weiteren bleibt zwar der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) das Hauptinstrument für die Messung der Inflation, doch empfiehlt die EZB „die schrittweise Berücksichtigung von selbst genutztem Wohneigentum“, um die tatsächliche Preisentwicklung besser abbilden zu können. Laut der Bundesbank könnte dies zu einem Anstieg der Inflation von 0,2 bis 0,3 führen. Der Leitzins bleibt weiterhin das wichtigste geldpolitische Instrument der EZB und wird durch andere Instrumente, wie die Forward Guidance oder die Ankäufe von Vermögenswerten, vornehmlich Anleihen, ergänzt.

Neben einer neuen geldpolitischen Strategie spricht sich die EZB dafür aus, „Klimaschutzaspekte stärker in seinen geldpolitischen Handlungsrahmen einfließen zu lassen“. Dazu verfasste die Notenbank einen Fahrplan mit entsprechenden Maßnahmen. Dieser sieht unter anderem die Entwicklung neuer Indikatoren vor, um die physischen Klimarisiken statistisch zu erfassen. Außerdem wird die EZB die Entwicklung neuer ökonomischer Modelle unterstützen und eigene empirische Analysen durchführen, um die Folgen des Klimawandels und die damit verbundenen Maßnahmen zu überwachen. Darüber hinaus wird die Eurozone im nächsten Jahr damit beginnen einen Klimastresstest durchzuführen und zu überprüfen, „ob die vom Rahmenwerk für Bonitätsbeurteilungen im Eurosystems zugelassenen Ratingagenturen die Informationen offengelegt haben, die erforderlich sind, um zu verstehen, wie sie Klimarisiken in ihre Bonitätsbeurteilungen einfließen lassen“. Zudem sollen Klimarisiken nicht nur bei dem Ankauf von Unternehmensanleihen im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung berücksichtigt werden, sondern auch bei der Bewertung von Vermögensgegenständen, die von Geschäftspartnern als Sicherheiten für Kreditgeschäfte hinterlegt wurden. Letztlich bleibt zu erwähnen, dass die EZB insbesondere Staaten und Regierungen in der Pflicht sieht den Klimawandel zu bekämpfen, aber es für notwendig erachtet, sich „innerhalb ihres Mandats“ für den Klimaschutz einzusetzen.

Wie lässt sich die neue Strategie der EZB einordnen? Durch das neue Inflationsziel kann die
EZB eine expansive Geldpolitik leichter rechtfertigen, auch wenn die Preise um mehr als zwei Prozent steigen. Es bedarf also einer längeren Phase steigender Preise, um die vergangenen Jahre niedriger Inflation auszugleichen und der Logik eines „symmetrischen“ Inflationsziels zu folgen. Damit schiebt die EZB allen Hoffnungen einer baldigen Zinswende den Riegel vor. Die Inflation bewegte sich vor der Coronakrise viele Jahre unter der ausgesprochenen Zielmarke von zwei Prozent. Der Effekt der Berücksichtigung selbstgenutzten Wohneigentums auf die Inflation wird erst in einigen Jahren sichtbar werden und sehr wahrscheinlich nicht zu einer frühzeitigen Zinssteigerung führen. Hinsichtlich der Bemühungen der EZB einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, könnte die Notenbank eine Vorbildfunktion einnehmen und sowohl Staaten als auch Unternehmen aktiv bei der Bewertung von Klimarisiken unterstützen. Gerade das Finanzsystem spielt eine wichtige Rolle in der Allokation und Verteilung von Ressourcen und ist damit essenzieller Bestandteil in der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft.

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