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Kirgisien: "Wir haben die Macht, der neuen Regierung keine Chance zu geben, die Medien zu unterdrücken"

Bektour Iskender, Chefredakteur des kirgisischen Nachrichten- und Blogportals Kloop.kg, im Interview der Deutschen Welle

(lifePR) (Bonn, )
Iskender zum Sturz des kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijew:

"Ich habe Angst, es eine Revolution zu nennen, weil wir das schon beim letzten Mal vor fünf Jahren gemacht haben und sich nichts verändert hat. Rein technisch war es wohl ein Putsch, andererseits haben die Polizisten zuerst auf die Demonstranten geschossen. Ich war dabei. Einerseits ist es zwar schwierig, eine gesetzliche Rechtfertigung für die Übergangsregierung zu finden, andererseits ist es verständlich, dass die Leute das gemacht haben.

Rein rechtlich ist die neue Regierung illegal, de facto musste das passieren. Wir wissen selbst nicht, wie wir Bakijew jetzt in unserer Berichterstattung nennen sollen. Wir nennen ihn einfach Kurmanbek Bakijew."

Zu den aktuellen Arbeitsbedingungen für Journalisten in Kirgisistan:

"Die Übergangsregierung ist sehr offen und sehr höflich zu uns Journalisten. Es ist einfach, Leute zu erreichen und Antworten zu erhalten, was vorher nicht der Fall war. Ich habe die Handynummern aller neuen Minister, inklusive der von (Übergangs-Premierministerin) Rosa Otunbajewa - die übrigens auch regelmäßig twittert. Heute Morgen haben wir beim Staatsanwalt angerufen und gefragt, ob es wahr ist, dass ein Haftbefehl gegen Kurmanbek Bakijew ausgestellt wurde. "Wir können dies momentan nicht bestätigen, rufen Sie uns bitte morgen früh noch einmal an", war die Antwort.

Ich bin optimistisch. Während der letzten fünf Tage hat der KGB keinen Druck auf uns ausgeübt. Wir können jetzt offen sagen, dass wir unter Bakijew vom KGB bedroht wurden, und darüber bin ich froh. Ich habe das Gefühl, dass wir gerade die Ereignisse wirklich beeinflussen können. Wir haben die Macht, der neuen Regierung keine Chance zu geben, die Medien zu unterdrücken.

Wir haben zum Beispiel einen Artikel über einen möglichen Fall von Internetzensur in den letzten Tagen veröffentlicht. Es geht um eine Webseite, auf der Filme zu sehen waren, die führende Oppositionspolitiker beim Sex mit ihren Geliebten zeigen. Die Filme waren am 7. April noch abrufbar. Jetzt ist die Seite komplett verschwunden.

Nach unserer Recherche glaube ich zwar nicht, dass die Übergangsregierung die Seite zensiert hat, sondern dass die Macher der Seite höchstwahrscheinlich Bakijew-Anhänger waren, die jetzt kalte Füße bekommen und die Filme selbst gelöscht haben. Trotzdem wird die neue Regierung morgen stinksauer auf uns sein, weil wir das zum Thema gemacht haben. Es ist ein Test, wie tolerant sie gegenüber den Medien ist."

Zur Rolle Russland in Kirgistan:

"Die Russen sind in einer schwierigen Situation. Einerseits mochten sie Bakijew nicht - wobei ich glaube, dass die Anti-Bakijew-Stimmung in Russland eher auf wirtschaftlichen Interessen beruhte. Jetzt sieht es eher so aus, als ob die russischen Medien versuchen zu zeigen, wie schlimm die Lage in Bischkek ist. Bishkek sei völlig zerstört, hört man im russischen Fernsehen. Das stimmt aber nicht. Heute kann man kaum noch sehen, was hier vor ein paar Tagen passiert ist. Die Geschäftsleute haben die zerbrochenen Scheiben ersetzt, die Märkte sind offen, die Straßen sind sicher. Für prostaatliche Medien in Russland ist es wohl schwierig, zu zeigen, dass sich die Situation nach einem Umsturz auch verbessern kann. Das könnte ja die Leute in einigen russischen Regionen zum Nachahmen anregen."

Zur Möglichkeit eines Bürgerkriegs in Kirgistan:

"Das ist eine meiner großen Sorgen. Die andere ist, dass die neue Regierung die Zensur der alten Regierung wieder einführt."
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