Um alles in der Welt -Lessingtage 2020: Das gesamte Programm ab 1. November im Vorverkauf
(lifePR) (Hamburg, )Die weltbekannte indische Physikerin und Aktivistin Dr. Vandana Shiva ist in diesem Jahr Ehrengast der Eröffnungsmatinee. Seit Jahrzehnten setzt sich Trägerin des alternativen Nobelpreises für Ernährungssouveränität und nachhaltige Landwirtschaft ein und wurde damit eine Ikone der Antiglobalisierungbewegung. Mit der motivierenden Botschaft ihres neuen Buches Eine bessere Welt ist möglich ruft sie am Sonntag, den 19. Januar um 11 Uhr im Thalia Theater zum zivilen Ungehorsam auf.
Am selben Abend hat in der Gaußstraße die Thalia-Produktion Hereroland Premiere. Das deutsch-namibische Projekt sucht den Dialog über ein dunkles Kapitel der Geschichte beider Länder: den Genozid an den Herero und Nama durch die deutsche Kolonialmacht Anfang des 20. Jahrhunderts. Schon am Vorabend, dem 18. Januar, findet das erste große Gastspiel der Lessingtage am Alstertor statt: Die Edda, eine bildgewaltige Überschreibung des großen nordischen Schöpfungsmythos‘ in der Regie von Thorleifur Örn Arnarsson vom Burgtheater Wien.
In dem belgischen Gastspiel Reverse Colonialism! von Ahilan Ratnamohan & Star Boy Collective versuchen drei Performer, ursprünglich aus Kamerun und Nigeria und in Belgien lebend, das Migrations-Integrations-Debakel zu lösen, indem sie provokativ und unterhaltsam einen utopischen Staat für europäische Afrikaner und afrikanische Europäer entwerfen, über dessen Gesetze das Publikum aktiv mitentscheiden darf.
Mit Orest in Mossul kommt eine moderne Version der antiken Orestie nach Hamburg, entwickelt und inszeniert von Milo Rau vom NT Gent, einem der radikalsten und einflussreichsten Theatermacher unserer Zeit. Mit einem Ensemble aus irakischen und europäischen Schauspielern, Musikern und Laien erzählt er vom Leben in der zerstörten Stadt Mossul und versucht eine Antwort auf eine der ältesten Fragen der Menschheit zu finden: Wie lässt sich der ewige Kreislauf von Gewalt und Rache durchbrechen?
Das Konzert-Event Zugvogelmusik 2020 von Jochen Kühling folgt den musikalischen Eindrücke der Zugvögel, wenn sie sich jährlich auf den Weg vom hohen Norden entlang der Ostküsten von Europa und Afrika bis weit in den Süden machen. Und wie die Zugvögel sind auch die Musikerinnen und Musiker, die hier zusammenkommen, Weltbürger: stets in Bewegung, zuhause in den verschiedensten Ecken des Globus. Ihr buntes Spektakel auf der großen Bühne am Alstertor ist ungewöhnliches Manifest für den Naturschutz − und ein Abend für die ganze Familie.
Zwei hochpolitische Gastspiele kommen aus Mexiko ins Thalia in der Gaußstraße: Das Theaterkollektiv Teatro Línea de Sombra thematisiert in seiner choreographisch-dokumentarischen Performance Amarillo die Situation von Migrantinnen und Migranten auf der gefährlichen Reise in ein ungewisses Leben jenseits der Grenze. In Andares dagegen entwickelt der junge Regisseur und Peter Brook-Schüler Héctor Flores Komatsu ein vielschichtiges Panorama der indigenen Jugend Mexikos zwischen Tradition und Moderne.
In der bizarr-fröhlichen Welt des französischen Regisseurs Philippe Quesne gibt es durch den Klimawandel zwar keine Vögel und Menschen mehr, aber die Hauptakteure, fünf arbeitslos gewordene Vogelscheuchen, lassen sich von diesem dystopischen Szenario nicht von ihrem Aktivismus abhalten. Farm Fatale, eine Produktion der Münchner Kammerspiele, wirft einen absurden, lakonischen und äußerst charmanten Blick auf die Apokalypse.
Erneut geben die Lessingtage einer Produktion des Maxim Gorki Theaters Berlin die Bühne: Die Verlobung in St. Domingo – Ein Widerspruch von Necati Öziri gegen Heinrich von Kleist, Regie Sebastian Nübling, betritt furchtlos alle möglichen Minenfelder der aktuellen Diskussion über Rassismus und Postkolonialismus. Auf der Folie von Kleists dramatischer Liebesgeschichte zur Zeit des Sklavenaufstands auf Haiti werden vermeintlich eindeutige Positionen von Gut und Böse hinterfragt, Fragen und Widersprüche verwirrt, entwirrt, neu verknüpft und vehement durchgespielt.
Vor dem Hintergrund einer realen ökologischen Katastrophe entfaltet die preisgekrönte belgische Regisseurin Anne-Cécile Vandalem ihren fiktiven Öko-Polit-Thriller Arctic in einer virtuosen Mischung aus Theater und Film. Im Jahr 2025 ist das ehemalige Kreuzfahrtschiff „Arctic Serenity“ auf dem Weg ins wegen seiner Rohstoffe umkämpfte Grönland. Für seine skurrile Besatzung, sechs Menschen, die versuchen, die mysteriöse Geschichte des Geisterschiffs zu ergründen, wird die Fahrt zum absurden Überlebenskampf im selbstverschuldeten Weltuntergang.
Die Gastspiele aus dem In- und Ausland werden von Lesungen, Ausstellungen, Performances, wissenschaftlichen Diskussionen und Konzerten zu den Festivalthemen ergänzt. Auch die Lange Nacht der Weltreligionen stellt am letzten Wochenende des Festivals, am Samstag, den 8. Februar, mit Nach uns die Sintflut? Fragen zu Religionen und Klimawandel. Im Rahmen des Festivals stehen außerdem Produktionen aus dem Repertoire des Thalia Theaters auf dem Programm, in denen die Themen Natur, Aktivismus, Migration oder Postkolonialismus künstlerisch gespiegelt werden: Moby Dick, Immer noch Sturm, Ein Mensch brennt und Vögel.
Das vollständige Programm der Lessingtagen 2020 und das Programmheft zum Durchblättern finden Sie ab 1. November unter thalia-theater.de/lessingtage.
Tickets gibt es online, unter Tel. 040.32814444, Email theaterkasse@thalia-theater.de und an der Tageskasse am Alstertor.