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Wunschdenken

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Die Marktteilnehmer wünschen sich ein schnelles Ende der Krisenzeit herbei. Ganz oben auf der Wunschliste steht eine aktivere Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Lösung der Schuldenkrise. Es ist ein bisschen wie der Glaube an den Weihnachtsmann. Möglicherweise denkt der eine oder andere Politiker sogar, dass mit einem Schlag die lange Jahre aufgehäuften Schulden abgebaut werden können, ohne dass es zu nennenswerten Spar- und Reformanstrengungen kommen muss. Aber nur mit den entsprechenden Reformen werden die Risikoprämien zurückgehen. Dafür braucht es keinen Weihnachtsmann.

Marktteilnehmer schreiben Wunschzettel

Seit Wochen türmen sich die Schokoladenweihnachtsmänner in den Kaufhäusern. In einzelnen Straßen wird bereits die Weihnachtsdekoration angebracht, obwohl erst am nächsten Sonntag die Adventszeit beginnt. Die hohe Zugänglichkeit von Weihnachtsaccessoires führt dazu, dass die Kinder bereits jetzt anfangen, Wunschzettel zu schreiben. Das Wünschen scheint aber nicht nur bei Kindern ausgeprägt zu sein. Auch an den Kapitalmärkten wird deutlich, wie sehr sich die Marktteilnehmer ein schnelles Ende der Krisenzeit herbeisehnen. Ganz oben auf der Liste steht eine aktivere Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Lösung der Schuldenkrise. Schon seit geraumer Zeit kauft die EZB punktuell europäische Staatsanleihen auf. Der Umfang war bislang jedoch überschaubar. Zudem hat die Notenbank die Staatsanleihenkäufe jeweils neutralisiert, so dass es zwar zu einer Ausweitung der Bilanzsumme gekommen ist, jedoch nicht zu einer ausufernden Geldmengenexpansion.

EZB als Weihnachtsmann

Inzwischen wird vielerorts gefordert, dass die EZB dauerhaft und unbegrenzt Anleihen der hoch verschuldeten Länder aufkaufen soll. Auch von Europäern wird somit eine "Supranationale Bad Bank" gefordert, aber insbesondere außerhalb der Eurozone erfreut sich dieser angebliche Lösungsweg großer Beliebtheit. Neben dem US-Präsidenten Barack Obama fordern auch der russische Regierungschef Wladimir Putin, der Nobelpreisträger Paul Krugman aber auch der britische Premierminister David Cameron ein stärkeres Eingreifen der EZB. Als "lender of last resort", also als der ultimative Geldgeber, solle die Europäische Zentralbank die Euroländer aus der Schuldenkrise befreien. Dabei wird unterstellt, dass die Probleme der hochverschuldeten Staaten von einem Tag auf den anderen verschwinden würden, wenn doch nur endlich die Risikoprämien wieder niedrig wären.

Ohne Strukturveränderungen keine Besserung

Es ist ein bisschen wie der Glaube an den Weihnachtsmann. Möglicherweise denkt der ein oder andere Politiker sogar, dass mit einem Schlag die lange Jahre aufgehäuften Schulden abgebaut werden können, ohne dass es zu nennenswerten Spar- und Reformanstrengungen kommen muss. Die hohen Risikoprämien sind aber gerade Ausdruck der zugrundliegenden Strukturprobleme. Selbst wenn die Spreads künstlich wieder eingeengt würden, wären die Ursachen der Staatsschuldenkrise längst nicht behoben. Ganz im Gegenteil: Die Anreize, die notwendigen Reformen durchzuführen, würden stark zurückgehen. Dass der Markt Strukturveränderungen durchaus belohnt, zeigt das Beispiel Irland. Insbesondere die eigenen Kraftanstrengungen haben dazu geführt, dass sich die Risikoprämien binnen weniger Monate in etwa halbiert haben.

Auch Eurobonds auf der Wunschliste

Darauf wollen auch diejenigen nicht warten, die sich Eurobonds wünschen. Fast schien es, als ob sich die Erkenntnis durchgesetzt hatte, dass dieses Instrument nicht zur Lösung des Problems beiträgt, bis jüngst nicht nur die Wirtschaftsweisen mit einem EU-Schuldenfonds quasi die Einführung von Eurobonds wieder hoffähig gemacht haben. Und auch der EU-Kommissionschef José Manuel Barroso kündigte jüngst an, dass er sich mehrere Optionen für Gemeinschaftsanleihen vorstellen könne. Auch hier scheint der Wunsch nach einer schnellen Lösung des Problems der Vater des Gedankens zu sein. Dabei sollten die letzten Emissionen der EFSF-Anleihen gezeigt haben, dass die erwartete hohe Nachfrage und entsprechend niedrige Zinsen sich am Markt nicht umsetzen lassen. Niemand kauft diese Anleihen, wenn die Länder sich nicht auf einen Konsolidierungspfad begeben.

Italien hat es selbst in der Hand

Strukturelle Veränderungen brauchen aber Zeit. Bis Weihnachten wird man diese Probleme nicht gelöst haben, so sehr man sich das auch wünscht. Allerdings können die neuen Regierungen in Griechenland und Italien die politischen Weichen stellen. Bereits dies würden die Märkte honorieren. Jetzt hat Mario Monti es in der Hand, tatsächliche Reformen anzustoßen. Dafür gibt es viele Ansatzpunkte: Zur Senkung der Schuldenquote müssen Staatsausgaben reduziert und Strukturreformen durchgeführt werden. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Anhebung des Rentenalters sind nur zwei davon. Mit den entsprechenden Reformen werden die Risikoprämien zurückgehen. Dafür braucht es keinen Weihnachtsmann.

Beitrag erschienen in "Die Welt", 19. November 2011
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