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Welches Europa wollen wir?

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Im Umfeld der europäischen Staatsschuldenkrise wird derzeit häufig eine weitere Vertiefung zu einer politischen Union als einzig gangbarer Weg dargestellt. Abgesehen davon, dass die Aufgabe von fiskalischer Souveränität demokratisch legitimiert sein muss, was aufgrund der Präferenzen der einzelnen Länder nicht sichergestellt ist, ist das nicht der richtige Weg aus der Staatsschuldenkrise. Eine Zwangseuropäisierung kann den europäischen Gedanken sicherlich nicht stärken.

Vielfalt: Eine Stärke Europas

Derzeit läuft eine große Werbekampagne. Prominente aus Politik, Wirtschaft und Showgeschäft machen sich in Anzeigen und Werbespots für Europa stark. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings stellt sich die Frage, um welches Europa es dabei gehen soll. Bei der Betrachtung eines einzelnen Spots wird dies leider nicht deutlich. Jedoch hilft ein Blick ins Internet: Wenn man dort "Werbekampagne Europa" eingibt, eröffnet sich eine große Vielfalt von Aspekten und Impressionen. Dies ist genau das, was m.E. Europa ausmacht. Die einzelnen Länder und Regionen unterscheiden sich nicht nur durch ihre geographische Lage und ihre Sprache, sondern auch durch unterschiedliche Präferenzen.

Keine Notwendigkeit für politische Union

Wer derzeit jedoch auf die Vielfalt innerhalb Europas hinweist, wird häufig in eine Europafeindliche Ecke gestellt. Der geforderte Grundtenor lautet, dass im Umfeld der Staatsschuldenkrise nur eine weitere Vertiefung zu einer politischen Union als einzig gangbarer Weg vertreten werden darf. Europa wird dabei mit der Europäischen Währungsunion gleichgesetzt. Dass die Europäische Union mit 27 Ländern deutlich größer ist als die Europäische Währungsunion mit ihren 17 Mitgliedern wird dabei genauso ignoriert, wie die unterschiedlichen Währungsbeziehungen der EU-Länder außerhalb der Währungsunion zum Euro. Zielsetzung der Verfechter eines europäischen Einheitsstaates ist, in der Währungsunion über eine gemeinsame Geldpolitik hinaus eine supranationale Fiskalpolitik zu installieren. Von diesem Instrument verspricht man sich eine schnelle und dauerhafte Lösung der Staatsschuldenkrise. Damit wäre der angebliche Geburtsfehler der Währungsunion, nämlich eine nationale Fiskalpolitik beizubehalten, behoben.

Bitte keine Zwangseuropäisierung

Abgesehen davon, dass die Aufgabe von fiskalischer Souveränität demokratisch legitimiert sein muss, was aufgrund der Präferenzen der einzelnen Länder nicht sichergestellt ist, ist das nicht der richtige Weg aus der Staatsschuldenkrise. Eine Zwangseuropäisierung kann den europäischen Gedanken sicherlich nicht stärken. Erst einmal muss sich die europäische Politik Glaubwürdigkeit zurück erarbeiten. Der Geburtsfehler der Europäischen Währungsunion ist nämlich nicht die fehlende politische Union, sondern die mangelnde Sanktionierung ausufernder Fiskaldefizite. Dies wurde von Anfang an versäumt. So wurde der Stabilitäts- und Wachstumspakt ausgehöhlt und die sogenannte No-bail out-Klausel gebrochen. Das sind die Gründe, warum es derzeit einen Vertrauensverlust innerhalb und gegenüber der Eurozone gibt. Wenn die Halbwertszeit von Beschlüssen immer geringer wird, fällt es schwer, die Bürger davon zu überzeugen, dass wir "mehr Europa" benötigen.

Rückbesinnung auf Subsidiarität

Um Europa für die Zukunft fit zu machen, braucht es keine politische Union, sondern eine Fokussierung auf seine Grundwerte. Dabei hilft ein Blick auf Artikel 5 des Vertrages über die EU, in dem das Subsidiaritätsprinzip verankert ist. Damit kann entschieden werden, für welche Aspekte die EU zuständig ist und wann die nationale oder lokale Ebene entscheiden soll. So bleibt auch die Stärke Europas, nämlich seine Vielfalt, gewahrt.

Weitere Stärke Europas: Der Euro

Stärke kann aber ebenso durch eine gemeinsame Währung erreicht werden. Dies erfordert aber, dass die Grundregeln der Währungsunion von allen eingehalten werden. Wenn ein Land die Vereinbarungen nicht einhält, muss auch ein Ausschluss möglich sein. Nur so kann die Stärke der Gemeinschaft gewahrt bleiben. Deshalb gilt nach vorne gerichtet, dass neben verbindlichen Fiskalregeln, wobei den einzelnen Ländern im Detail überlassen werden sollte, welche konkreten Maßnahmen sie durchführen, auch Exitregelungen eingeführt werden müssen. Das Fehlen einer Exitregelung sowie einer konsequenten No-bail out-Regel waren ebenfalls Konstruktionsfehler der Europäischen Währungsunion. Ein Zurück zu den Maastricht-Regeln reicht also nicht aus, da sowohl diese als auch der Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht wirklich bindend waren. Glaubwürdigkeit kann die Europäische Währungsunion nur erreichen, wenn zumindest eines der sieben konstituierenden Prinzipien einer Wettbewerbsordnung von Walter Eucken, nämlich die Einheit von Handeln und Haften, auch in der Eurozone verankert wird. Neben dem Einhalten einer strikten Haushaltsdisziplin müssen die Länder für ihre Schulden selbst haften und entsprechend auch Pleite gehen können. Es bleibt also den einzelnen Ländern überlassen, das Ausmaß der Vielfalt in der Währungsunion selbst zu steuern.

Beitrag erschienen in "Die Welt", 8. September 2012
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