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Der BGH urteilt zur Beraterhaftung bei Zertifikaten der Lehman Brothers

Der XI. Zivilsenat des BGH hat mit zwei Urteilen jeweils vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10) Revisionen zurückgewiesen von zwei Privatanlegern, die von der Hamburger Sparkasse AG ("Haspa") Schadenersatz wegen Falschberatung bzgl. des Kaufs

(lifePR) (Dieburg, )
Der Senat hat dabei folgende Leitsätze erarbeitet:

1. Über ein "allgemeines Emittentenrisiko", negative Umstände bzgl. "der Bonität der konkreten Emittentin" und eine "bewusst zum Nachteil des Kunden gestaltete Risikostruktur" einer empfohlenen Geldanlage ist aufgrund Beratungsvertrags aufzuklären.

2. Über den Wettcharakter von Zinswetten ist nur aufzuklären, wenn nicht über die Renditebedingungen aufgeklärt wurde.

3. Unabhängig von den Fällen der Rückvergütung und Innenprovision besteht "grundsätzlich keine Pflicht der beratenden Bank zur Aufklärung über Existenz, Höhe, Herkunft oder Zusammensetzung des mit einem empfohlenen Produkt erwirtschafteten Gewinns."

Der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Ansay hat sich mit einem der im Wesentlichen identischen Urteile intensiv auseinandergesetzt und kommentiert:

Das Urteil XI ZR 178/10 beträfe erstmals den Umfang von Infopflichten (= Aufklärungspflichten) eines Beraters bei der Empfehlung sog. "Lehman-Zertifikate", laut Rechtsanwalt Dr. Ansay zu Zinswetten umgestaltete Anleihen einer holländischen Zweckgesellschaft (Emittentin) der US-Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. (Garantin), die beide schon seit 2006 hoch verschuldet waren und seit 15.09.2008 insolvent sind.

In BRD hätten ca. 10.000 Privatanleger von verschiedenen Banken nach Beratungen Lehman-Zertifikate in Höhe von ca. 1 Mrd. Euro gekauft, die nun nahezu wertlos seien. Die Banken hätten für den Verkauf von der Emittentin (heimlich) geldwerte Vorteile erhalten und sich bei der Bonitätsbewertung in der Regel nur auf das "A"-Rating der Garantin verlassen. Einige Anleger würden teilweise von ihren Banken außergerichtlich entschädigt und einige haben ihre Bank verklagt.

Aufgrund der Beraterhaftung hätte eine Klage in der Regel bereits Erfolg, wenn der Berater mindestens eine Pflicht verletzt hat. Ein Berater hätte gemäß BGH insbesondere die Pflicht, über alle Umstände bzw. Risiken aufzuklären, welche für die Kaufentscheidung wesentlich sein können. Bei sehr wesentlichen Umständen liege eine Pflichtverletzung jeweils schon darin, dass die Empfehlung einer solchen Geldanlage unvertretbar war.

Nach Meinung Ansay's sähe der BGH-Senat eine Informationspflicht nur für bestimmte und nicht alle vom Kläger vorgebrachte wesentliche Umstände. Da der Anleger aber über diese wenigen Umstände informiert worden sei, läge keine Pflichtverletzung und somit kein Anspruch aus Beraterhaftung vor.

Damit aber verstoße der Senat laut Rechtsanwalt Dr. Ansay zu Lasten des Klägers mehrfach gegen das Grundgesetz:

Zum ersten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG wegen der Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, insbesondere in Hinblick auf vorliegende Interessenkonflikte der beratenden Banken.

Zum zweiten gegen das Gehörsrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG wegen mangelnder Erwägung des Klägervortrags bei dessen Vorbringen weiterer wesentlicher Umstände, die eine Informationspflicht der beratenden Bank begründen würden.

Zum dritten wegen Verstoßes gegen das Gehörsrecht aufgrund unbegründetem Abweichen von der BGH-Rechtsprechung, insbesondere dem so genannten "Bond-Urteil" (BGH, Urteil vom 06.07.1993 - XI ZR 12/93), dem "Zinswette-Urteil" (BGH, Urteil vom 22.03.2011 - XI ZR 33/10) und den "Kick-Back-Entscheidungen" (BGH, Urteil vom 19.12.2000 - XI ZR 349/99, BGH, Urteil vom 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGH, Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07, BGH, Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07, BGH, Beschluss vom 09.03.2011 - XI ZR 191/10, BGH, Beschluss vom 19.07.2011 - XI ZR 191/10, BGH, Beschluss vom 24.08.2011 - XI ZR 191/10).

Weiterer Vorwürfe Ansay's sind die Widersprüchlichkeit im Urteil selbst und die Willkür, insbesondere aufgrund evident unsachlicher Ungleichbehandlung, die eine Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG darstellten.

Eine Verfassungsbeschwerde hätte deshalb gute Chancen auf Erfolg.

Rechtsanwalt Dr. Ansay kommt zu folgendem Schluss:

Der urteilende Senat hätte insbesondere gemäß Art. 3 Abs. 1 GG alle Formen von geldwerten Vorteilen und alle darauf beruhenden Interessenkonflikte gleich behandeln und somit eine Informationspflicht für alle anerkennen müssen, insbesondere, da diese Umstände für Anleger gleichermaßen wesentlich seien. Die gleiche wesentliche Bedeutung ergebe sich daraus, dass alle Interessenkonflikte gleichermaßen verboten seien und den Vertragszweck in gleicher Weise vereiteln würden.

Zudem führe bei Anlegern in der Regel nur das Vertrauen auf eine Beratung im alleinigen Anlegerinteresse - also ohne Interessenkonflikt - zu der Bereitschaft, jeder Empfehlung eines Beraters ungefragt zu folgen.

Diesen Irrtum auf Seiten der Anleger hätten die Banken in Bereicherungsabsicht zu Lasten der Anleger systematisch ausgenutzt und dadurch den massenhaften Verkauf der riskanten Lehman-Zertifikate überhaupt erst ermöglicht. Zu Recht gelten solche Banken laut dem Urteil "nicht als ehrlich". Wenn der Senat dennoch verfassungswidrig solche Interessenkonflikte willkürlich in bestimmten Fällen ignoriere, liefere er dadurch den Banken eine Anleitung zum legalen Vortäuschen einer Beratung im alleinigen.
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