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Mönchisches Know-How im Libanon

Das Gespräch über Neuanfänge, (Bio-)Pionierarbeit und das Neue im Alten

(lifePR) (Frasdorf, )
Ein regelmäßiger Teilnehmer unserer jährlichen Bioweinprämierung ist das 2003 gegründete Weingut Adyar im Libanon. Es ist ein Bio-Pionier des Landes und in mehrfacher Hinsicht ein Exot. Zum einen bekommt man bei uns ohnehin nicht allzu oft libanesischen Wein zu kosten und zum anderen handelt es sich bei Adyar um eine Kooperative aus insgesamt acht klösterlichen Weingütern des im Jahr 1695 gegründeten Maronitischen Ordens, die sich dem Erhalt der uralten Weinbautradition (belegt bis ins 3. Jahrtausend v. Chr.) und dem Schutz des ihnen überantworten Landes verschrieben haben.

Die Klöster, die sich nach Ende des Bürgerkriegs dazu entschlossen, ihre Kräfte zu einen und Wein nach alter Tradition herzustellen, befinden sich mehrheitlich in den Bergen des Libanon, mit Weingärten auf Höhen zwischen 400 und 1600 Metern. Die jeweiligen Mikroklimata und die mineralischen Böden bieten ideale Voraussetzungen für charakterstarke Weine, ein Umstand, den die Mönche gezielt verstärken: Sie reduzieren die Produktion auf einen Liter Wein pro Stock und auf 5000 Stöcke pro Hektar und erzielen so eine weitere Qualitätssteigerung.

Mehr als 20 Familien leben, neben den beteiligten Klöstern, von diesem Projekt. Die Einheimischen arbeiten in den Weinbergen und in den Weinkellern. Die Produktion erfolgt ökologisch und nach uralter Tradition.

Was genau das bedeutet, was einen französischen Winzer zu einem Orden in den Libanon verschlägt und ob Bio im Land Schule machen könnte, wollten wir herausfinden und haben den französischstämmigen Kellermeister Frederic Cacchia dazu befragt:    

Herr Cacchia, wie kommt es, dass Sie im Libanon leben und arbeiten? Gibt es eine bestimmte Verbindung zum Maronitischen Orden oder war das eine reine “Job Entscheidung”?

FC: Das erste Mal im Libanon war ich 1999; ich hatte mein Diplom gerade in der Tasche und war auf der Suche nach Möglichkeiten. Es war September und ich blieb für einen Monat, um ein paar Erfahrungen zu sammeln. Das war bei Massaya, einem bekannten Weingut im Beeka TaI. Im Jahr 2000 kontaktierte mich das Unternehmen schließlich, und bat mich zurückzukommen und die Verantwortung für das Weingut zu übernehmen.

Mein Vertrag lief bis 2003 und da ich mich zu dem Zeitpunkt schon in das Land und mein Leben hier verliebt hatte, hielt ich Ausschau nach einer neuen Anstellung. Und so kam ich zu Adyar. Keine spezielle Verbindung; einfach ein neues Projekt, das es zu entwickeln gab.

Auf Ihrer Website konnten wir herausfinden, dass Adyar sehr traditionell arbeitet. Was genau heißt traditionell für Sie in dem Kontext? Können Sie ein bisschen erklären, wie Wein bei Adyar gemacht wird?

FC: Obwohl wir Winzer heute vielerlei technische Möglichkeiten haben, bin ich überzeugt, dass Wein einfach das Resultat von Trauben und Fermentation ist.

Das heißt, für mich sind zwei Dinge von Bedeutung: Die Trauben – weshalb wir in erster Linie Weinbauern sein sollten, denn es ist der Weingarten, wo der Wein wächst und, da wir biologisch arbeiten, musst Du genau zuhören, was die Rebe Dir erzählt.

Das Zweite ist die Transformation der Trauben, die meiner Ansicht nach so einfach wie möglich gehalten warden sollte. Man muss nur „mit den Trauben gehen“; sie ihre Persönlichkeit ausdrücken lassen.

Das heißt, wir folgen den aktuellen Trends nicht: Keine Kaltmazeration, keine Umkehrosmose etc..

Würden Sie sagen, dass die Arbeit in einem klösterlichen Weingut irgendwie friedvoller oder meditativer ist, als in konventionellen Betrieben?

FC: Ich glaube, „stressfrei“ ist das richtige Wort. Mönche haben “Zeit”; wenn sie etwas tun, tun sie es für die Gemeinschaft. Das heißt, sie arbeiten für die Gegenwart und die Zukunft. Es ist ein Langzeit-Projekt. Wir können uns die Zeit nehmen, die Sache richtig zu machen, auch wenn e seine längere Zeit dauert, bis wir das Resultat in Händen halten.

Sind die Leute neugierig auf ihre Art, Wein zu machen bzw. haben Sie viele Besucher aus dem In- und Ausland, die die Weinberge sehen wollen und mehr über Ihre Arbeit erfahren möchten? Und gibt es etwas, für das sich die Leute besonders interessieren?

FC: Seit Jahren schon bemühen sich die Libanesen um ein positives Image für ihr Land. Winzer tragen ihren Teil dazu bei, indem sie Veranstaltungen in der ganzen Welt besuchen. Der Libanon ist also wohlbekannt in der Weinszene; das Land weckt das Interesse der Journalisten und der Besucher.

Eine andere Sache – vielleicht sogar die wichtigste: Viele Libanesen leben heute im Ausland. Indem sie libanesische Produkte kaufen, insbesondere Wein, bleiben sie mit ihrem Land in Verbindung. Wenn sie dann zurück in ihre Heimat kommen, sind sie sehr daran interessiert, die Weingüter zu besuchen und kennenzulernen.

Für Adyar ist dieses Interesse sogar noch bedeutender, aufgrund der besonderen Bedeutung der Maroniten in der libanesischen Geschichte. Die Leute kommen wegen des Weins, aber auch wegen der Geschichte und der Spiritualität.

Wie würden Sie das Verhältnis zwischen den Klöstern und den umliegenden Dörfern/Gemeinden beschreiben? Bekommen Sie viel Unterstützung für Ihr Projekt?

FC: Das war eines der Ziele des Projekts. Früher hatten die Klöster Familien auf ihrem Land, die ihnen bei der Landwirtschaft und der Instandhaltung der Gebäude zur Hand gingen. Wegen des jüngsten Krieges und der Landflucht, sind die Familien fortgezogen.

Indem wir ein Projekt wie Adyar ins Leben, mit all der Arbeit die es mit sich bringt, ins Leben riefen, wollten wir den Familien helfen, in ihre Heimat und die Klöster zurückzukehren.

Haben Sie von Ihren (libanesischen) Winzerkollegen besonderes Feedback bezüglich der Biozertifizierung bekommen? Denken Sie, die Idee wird weiter an Popularität gewinnen?

FC: Wir waren die ersten, die zertifiziert wurden. Drei kleine Weingüter sind unserem Beispiel gefolgt.

Das ist nur meine persönliche Meinung, aber ich denke, für die meisten anderen Produzenten bedeutet Bio-Landwirtschaft zu viel zusätzliche Arbeit und Kosten. Sie sehen keinen wirklichen kommerziellen Vorteil darin (die Nachfrage nach Bio-Produkten ist schwach), also arbeiten sie weiterhin konventionell und werden das wahrscheinlich auch nicht ändern.

Geschichtlich bedingt werden heute im Libanon viele französische Rebsorten angebaut. Es ist aber bekannt, dass die libanesische Weinbautradition weitaus älter ist, als die Französische. Gibt es noch autochthone Rebsorten im Land und wenn ja, würden Sie uns ein paar Worte zu den wichtigsten verraten?

FC: Die Geschichte des libanesischen Weins reicht mindestens zurück bis zu den Phöniziern. Nach dem Ende der letzten Kreuzfahrer Imperien, ging die Weinproduktion zu zurück, da muslimische Herrscher die Kontrolle über die Region übernahmen. In dieser Zeit machte der Wein Platz für den Arrak, einer beliebten Anis Spezialität.

Im 19 Jahrhundert förderten Jesuitenmönche das Comeback der Weinproduktion; sie importierten Reben aus Algerien und Frankreich.

Ein heutiger libanesischer Weingarten sieht ganz anders aus, als der von früher; internationale Rebsorten, wie Cabernet Sauvignon oder Syrah haben die original libanesischen Sorten ersetzt (die berühmtesten sind Obeidi und Merwah, beides weiße Sorten).

Einige Winzer versuchen heute den Obeidi wiedereinzuführen; Er ist weniger aromatisch als Chardonnay oder Sauvignon. Mit einem geringen Ertrag kann man frische Weine mit kräuterigen Aromen und einer guten Säure erhalten. Ich denke, er kann Teil eines Blends sein.

Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Cacchia. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und freuen uns auf die nächsten Jahrgänge. (Text Sonja Hartung).

Weitere Informationen zur Geschichte des Weinbaus im Libanon findet Ihr unter: http://www.libanon-info.de/geschichte-des-weinbaus.html

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