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Diagnose Lipödem - wenn Beine immer dicker werden

Interview mit Prof. Dr. med. Wilfried Schmeller

(lifePR) (Bayreuth, )
Das Lipödem wird zwar von den Krankenkassen als Krankheit anerkannt, dennoch gibt es viele offene Fragen: Welche Ursachen hat das Lipödem? Ist es womöglich erblich bedingt? Und wann kommt diese Krankheit zum Ausbruch? Diskutiert werden in der Fachwelt die verschiedenen Therapiemöglichkeiten und insbesondere die Dauer der Wirksamkeit der Liposuktion. Im Interview beschreibt Prof. Dr. med. Wilfried Schmeller die Behandlungsmethoden in den verschiedenen Krankheitsstadien und warum er seine Patientinnen motiviert, die Kompressionstherapie – falls nötig – auch nach einer Liposuktion konsequent fortzusetzen.

Herr Professor Dr. Schmeller, wie viele Menschen in Deutschland haben ein Lipödem und wer ist der typische Lipödem-Patient?

Es gibt Schätzungen, die von 80.000 bis vier Millionen Erkrankten ausgehen. Die Krankheit betrifft primär Frauen und beginnt meist in der Pubertät, mit einer Schwangerschaft oder im Klimakterium, also in den Wechseljahren. Männer können eine lipödem-ähnliche Veränderung entwickeln, die zu einem dicken Bein mit Schmerzsymptomen führt. Es ist umstritten, ob man dies als Lipödem bezeichnen soll, da häufig eine hormonelle Veränderung zugrunde liegt, zum Beispiel als Folge einer Chemotherapie oder bei Alkoholismus. Eine mögliche Erklärung ist ein Überschuss weiblicher Hormone und somit die Verweiblichung der Körperform. Lipödem-ähnliche Symptome können dabei auftreten.

Welche Körperteile können von dieser Krankheit betroffen sein?

Es sind fast immer die Beine. Bei einem Drittel aller Fälle sind auch die Arme – besonders die Oberarme – betroffen.

Wie sieht das Krankheitsbild bei einem Lipödem-Patienten aus und welche Beschwerden hat er?

Ein wesentliches Kennzeichen für die Erkrankung ist die Disproportion zwischen Ober- und Unterkörper. Generell ist der Unterkörper viel voluminöser als der Oberkörper. Das Bein „passt nicht mehr“ zum restlichen Körper und der Versuch, eine Verschlankung durch Diäten zu erreichen, scheitert meist. Im weiteren Krankheitsverlauf kommen Beschwerden durch Ödeme hinzu. Im verdickten Bein sammelt sich Gewebeflüssigkeit an. Das führt zu Schweregefühlen in den Beinen, Spannungen, dicken Beinen und Müdigkeit bei Belastungen wie Treppensteigen. Hinzu kommen eine erhöhte Druck- und Schmerzempfindlichkeit sowie wiederkehrende Blutergüsse (blaue Flecken). Abends, nach langem Stehen während des Tages, sind die Beschwerden oft größer.

Was können Sie zum Verlauf der Krankheit sagen?

Meist schreitet die Krankheit langsam und kontinuierlich weiter voran, was sowohl die Volumenvermehrung als auch die Beschwerdesymptomatik betrifft. Manchmal gibt es auch Schübe, zum Beispiel in der Schwangerschaft.

Generell wird das Lipödem in drei Stadien unterteilt. Im Stadium 1 beginnt das Lipödem bei einem jungen, schlanken Menschen häufig mit langsam dicker werdenden Oberschenkeln und zunehmenden Beschwerden. Die Erscheinung erinnert an die sogenannten „Reiterhosen“, weshalb man beim Lipödem auch vom Reiterhosen-Syndrom spricht. Der Rest des Körpers bleibt jedoch unverändert. Die Hautoberfläche ist noch glatt und zeigt kaum Veränderungen. Im weiteren Verlauf der Krankheit, im Stadium 2, nimmt das Volumen weiter zu. Das wird besonders an den Beinen ersichtlich. In der Haut kommt es zu Knotenbildungen und zu einer gewellten Oberfläche. Manche Patientinnen nehmen zusätzlich im Rumpfbereich zu. Wenn sich Patientinnen in diesem Stadium nicht behandeln lassen und die Krankheit sich weiter verschlechtert, erreichen sie unter Umständen das Stadium 3. Dies ist durch eine extreme Disproportion mit überdimensionalen Beinen und einem weitgehend normalen Oberkörper gekennzeichnet. Patientinnen in diesem Stadium sind sehr viel schwerer zu behandeln, da die Ödembildung im großvolumigen Fettgewebe sehr ausgeprägt ist. Das erschwert die Entstauungstherapie. Auch die Liposuktion kann in diesem Stadium nur noch in Ausnahmefällen angewandt werden, da die großen Fettmengen nicht mehr vollständig entfernt werden können.

Wie ist der aktuelle Stand zur Anerkennung dieser Krankheit bei den Kostenträgern, den Krankenkassen?

Obwohl es noch keine ICD-10-Nummer für das Lipödem gibt (ab 2017 sind sie vorgesehen), ist die Krankheit von den Krankenkassen anerkannt. Das heißt, sie übernehmen auch die Kosten für die konservative Behandlung, also für die Entstauungs- und die Kompressionstherapie. Unterschiede zwischen den einzelnen Kassen bei der Anerkennung gibt es hinsichtlich der Dauer und Intensität der konservativen Therapie. Die operative Methode wird bislang nicht anerkannt, obwohl sie in den Leitlinien als medizinisch anerkannte Maßnahme aufgeführt wird und Studien (1) ihre Wirksamkeit belegen. In ganz wenigen Einzelfällen wurden die Kosten einer Liposuktion dennoch von Krankenkassen übernommen. Die Auswahl der Fälle erfolgte nicht nach medizinischen Kriterien und nach keiner einheitlichen Regelung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat im Beratungsverfahren zur operativen Behandlung des Lipödems mittels Fettabsaugung bisher noch keine endgültige Entscheidung gefällt.

Ist das Lipödem ausreichend erforscht oder gibt es aus Ihrer Sicht noch Nachholbedarf?

In der Forschung gibt es tatsächlich einen großen Nachholbedarf, viele wichtige Fragen sind ungeklärt. Es werden zwar pragmatisch Therapien eingesetzt, die wirken, doch fehlt eine genaue Analyse, woher die Krankheit kommt und warum sie ausbricht. Die Unterschiede zwischen normalen Fettzellen im Unterhautgewebe und Lipödem-Fettzellen sind bisher unzureichend geklärt. Möglicherweise ist die Krankheit erblich bedingt, doch es fehlt bisher der eindeutige Nachweis.

Wie wird das Lipödem behandelt?

Es gibt die konservative Methode zur Entstauung mit der manuellen Lymphdrainage und die operative Methode mit der Liposuktion. Bei beiden Verfahren wird die Therapie mit flachgestrickten Kompressionsstrümpfen begleitend eingesetzt.

Im Stadium 1 werden in erster Linie die Beschwerden und das Ödem behandelt. Ziel ist es, die Schmerzen ohne operative Maßnahmen zu lindern oder zu beseitigen. Führt das Tragen eines Kompressionsstrumpfes zu einer Besserung, kann zunächst abgewartet werden. In Einzelfällen muss das Bein zu Beginn deutlich entstaut werden. Die Patienten wickeln dann zum Teil selbst und erhalten regelmäßig eine manuelle Lymphdrainage. Das Zusammenspiel dieser Komponenten erzielt häufig eine schnelle Linderung. Das Tragen eines Kompressionsstrumpfes zusammen mit einer Entstauungstherapie ist für viele Menschen eine gute und ausreichende Versorgung im Stadium 1.

Ein Problem ist im Stadium 2 die Progression, da die Befundverschlimmerung oftmals trotz konsequenter Kompressionstherapie auftritt. Um das stärker ausgeprägte Ödem einzudämmen, kann ein stärkerer Kompressionsstrumpf getragen werden. Gegen das vermehrt auftretende Fettgewebe kommen konservative Maßnahmen kaum in Betracht. Falls sich die Beschwerden nicht bessern, sollte frühzeitig über die Liposuktion nachgedacht werden.

Im Stadium 3 werden die meisten Patienten weiterhin konservativ behandelt, da zu viele Risikofaktoren für eine Liposuktion bestehen. Bei der örtlichen Betäubung wäre oft eine zu hohe Dosis der Betäubungsmittel erforderlich, die nicht mehr vertragen wird. Die Patienten haben oft massives Übergewicht oder müssen wegen anderer Krankheiten Medikamente einnehmen, die das Risiko bei einer Operation deutlich erhöhen. Hinzu kommt, dass sich die großen Volumina an Fett nicht mehr vollständig entfernen lassen und im Anschluss weitere aufwendige Operationen zur Hautstraffung durchgeführt werden müssten.

Ist eine Liposuktion für Lipödem-Patienten sinnvoll und wie lange hält das Ergebnis vor?

Ja, sie ist sinnvoll, denn im Vergleich zur konservativen Therapie ist das Ergebnis einer Liposuktion meist dauerhaft. Die Disproportion wird beseitigt. Falls es zu einer (erneuten) Gewichtszunahme kommt, nehmen die Betroffenen gleichmäßig am ganzen Körper zu und bleiben proportioniert. Die Ergebnisse der Liposuktion bleiben in weit über 90 Prozent der Fälle auch Jahre nach dem Eingriff bestehen.

Welche Rolle spielt die Kompression sowohl für die

konservative als auch die operative Behandlung?

Die Kompression ist ein sehr wichtiger Bestandteil in der Behandlung des Lipödems. Im Stadium 1 ist sie häufig die einzige Therapieform, die die Beschwerden bei den Patienten lindern kann. Die Kompression kann die Bildung von Ödemen so stark abbremsen, dass die Patienten trotz der Diagnose ein angenehmes Leben führen. Schwieriger wird die Behandlung, wenn der Strumpf alleine nicht mehr ausreicht, um die Beschwerden zu lindern. Nach einer Operation brauchen etwa 70 Prozent der Patientinnen weiterhin einen Kompressionsstrumpf, da ein vollständiges Verschwinden der Ödeme nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen erreicht wird.

Welche Hürden gibt es für Lipödem-Patienten während der Therapie?

Die erste Hürde ist die Diagnosestellung, da die Krankheit zu Beginn häufig atypisch oder mit minimalen Beschwerden verläuft. Viele Lipödem-Patientinnen mussten lange mit Fehldiagnosen leben. Das hat sich durch die Aufklärung über die Krankheit in den letzten zehn Jahren deutlich gebessert.

Die zweite Hürde ist die Therapie, die nur gemeinsam mit den Patientinnen funktioniert. Allerdings besteht sie häufig aus Elementen, die die Betroffenen nur ungerne ausführen wie das Tragen von Kompressionsstrümpfen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das Krankheitsbild oft trotz konsequent angewandter Therapie verschlechtert oder eine umschriebene oder generelle Volumenvermehrung erfolgt. Obwohl die Kompressionstherapie eine sehr gute Therapie ist, finden die Betroffenen viele Gründe, warum sie ihre Strümpfe nicht tragen können. Um diese Hürden zusammen meistern zu können, braucht man eine gute Versorgung und optimistische Patienten, die kooperativ sind und sich konsequent therapieren lassen.

Gibt es einen erkennbaren Zusammenhang zwischen Lipödem und Gewicht?

Dafür gibt es keinen sicheren Nachweis. Insgesamt sind die Patientinnen mit Lipödem im höheren Alter durchschnittlich schwerer als gesunde Mitmenschen. Auch im mittleren Alter kann bei Patientinnen eine sehr schnelle Gewichtszunahme erfolgen, die häufig mit einer Vergrößerung des Beinvolumens einhergeht. Allerdings ist unklar, ob die Gewichtszunahme mit der Diagnose Lipödem direkt in Verbindung steht oder ob beides unabhängig voneinander zustande kommt. In jedem Fall stimmt die Beobachtung, dass eine hohe Anzahl der Lipödem-Patienten zusätzlich adipös sind.

Was kann ein Lipödem-Patient tun, um einer Verschlechterung seines Zustandes vorzubeugen? Sind eine spezielle Ernährung und Bewegung hilfreich?

Ein gesunder Lebensstil gilt generell als hilfreich. Bei der Diagnose Lipödem hängt das Beinvolumen aber in erster Linie von der Krankheit und nicht von der Ernährung ab. Durch eine gesunde Ernährung erwirkt der Patient ein insgesamt positives Körpergefühl, er fühlt sich fitter und hält die nicht durch das Lipödem betroffenen Bereiche des Körpers in Form. Den gleichen Effekt hat Bewegung: Sie sorgt für Ausgleich und für eine allgemeine Fitness und damit auch für Selbstbewusstsein – eine für Lipödem-Patientinnen sehr wichtige Komponente.

Herr Professor Dr. Schmeller, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Quellen:
  1. Baumgartner, A., Hüppe, M., Schmeller, W. (2015): Wie lange profitieren Lipödempatientinnen von der Liposuktion? Eine Nachuntersuchung nach durchschnittlich vier und acht Jahren. LymphForsch 19 (1): 8-14
Rappich, S., Baum, S., Kaak, I., Kottmann, T., Podda, M. (2015): Therapie des Lipödems mittels Liposuktion im Rahmen eines umfassenden Behandlungskonzeptes. Phlebologie 3:121-132

Über Prof. Dr. med. Wilfried Schmeller

Prof. Dr. med. Wilfried Schmeller ist Facharzt für Dermatologie, Phlebologie und Allergologie. Von 1980 bis 1998 arbeitete er als Dermatologe mit operativem Schwerpunkt an der Universitätshautklinik Lübeck. Nach weiteren Tätigkeiten in der Venenklinik Bad Bertrich und in der Rosenparkklinik in Darmstadt gründete er 2002 die Hanse-Klinik in Lübeck, die sich überwiegend mit der Liposuktion beim Lipödem befasst. Professor Schmeller ist Leiter des Arbeitskreises Operative Lymphologie der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie und hat an den aktuellen Leitlinien zum Lipödem mitgewirkt.

Surftipp zum Thema Lipödem und die Basistherapie mit medizinischen Kompressionsstrümpfen: www.medi.de mit Händlerfinder. Im medi Verbraucherservice, Telefon 0921 912-750, E-Mail Verbraucherservice@medi.de und im Internet kann der kostenlose Ratgeber „Stau im Gewebe“ angefordert werden.

Informationsmaterial für das Fachpublikum gibt es im medi Service-Center, Telefon 0921 912-111, Mail auftragsservice@medi.de . Internet: www.medi.de .

 

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medi – ich fühl mich besser. Das Unternehmen medi ist mit Produkten und Versorgungskonzepten einer der führenden Hersteller medizinischer Hilfsmittel. Weltweit leisten rund 2.400 Mitarbeiter einen maßgeblichen Beitrag, dass Menschen sich besser fühlen. Die Leistungspalette umfasst medizinische Kompressionsstrümpfe, adaptive Kompressionsversorgungen, Bandagen, Orthesen, Thromboseprophylaxestrümpfe, Kompressionsbekleidung und Schuh-Einlagen. Darüber hinaus fließen mehr als 65 Jahre Erfahrung im Bereich der Kompressionstechnologie in die Entwicklung von Sport- und Fashion-Produkten der Marken CEP und ITEM m6. Das Unternehmen liefert mit einem weltweiten Netzwerk aus Distributeuren und eigenen Niederlassungen in über 90 Länder der Welt.

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