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Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)

Westfalczycy - von Polenzechen und Pendelmigrantinnen

LWL-Industriemuseum erzählt Geschichte der "Ruhrpolen" bis heute weiter

(lifePR) (Münster, )
Vor 100 Jahren kam die ersten Polen ins Revier, um hier die Kohle aus dem Berg zu holen, heute pflegen "Pendelmigrantinnen" aus dem Nachbarland unsere alten Menschen. Einen Bogen von den Anfängen der polnischen Migration bis zur gegenwärtigen polnischen Kultur an der Ruhr gibt eine Ausstellung, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vom 18. August bis 28. Oktober 2007 in seinem Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum zeigt.

Der Schwerpunkt liegt auf der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg - von den Zwangsarbeitern und Displaced Persons über die Solidarnosc Flüchtlinge und Spätaussiedler der 1980er Jahre bis zur Nachfolgegeneration, die heute ihre Zukunft im zusammenwachsenden Europa sucht.

Mehr als 120 Objekte haben die Ausstellungsmacher zusammengetragen, Erinnerungen von Zeitzeugen aufgenommen und Interviews mit deutschen und polnischen Jugendlichen geführt. Hör- und Videostationen dokumentieren die Ergebnisse der Gespräche.

"Nach der Italiener-Ausstellung vor zwei Jahren nehmen wir im LWL-Industriemuseum erneut das für das Revier so wichtige wie aktuelle Thema Migration in den Blick", betonte Museumsdirektor Dirk Zache heute (16.8.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Bochum. Gleichzeitig sei "Westfalczycy" ein Meilenstein im Rahmen des aktuellen deutsch-polnischen Themenschwerpunkts des LWL-Industriemuseums mit Ausstellungen in seinen acht Standorten (s. Anhang).

Arbeiten und Beten

Zwischen der Gründung des Deutschen Reichs und dem Ersten Weltkrieg kam mehr als eine halbe Million Menschen aus Posen, Schlesien und Masuren in das rheinisch-westfälische Industriegebiet, um hier in kurzer Zeit Geld für ein besseres Leben in der Heimat zu verdienen. Sie arbeiteten vor allem im Bergbau. In den sogenannten "Polenzechen" im Raum Gelsenkirchen, Herne, Recklinghausen, Essen und Wattenscheid stellten sie mehr als die Hälfte der Belegschaft.

Der katholische Glaube spielte im Alltag der Polen eine zentrale Rolle. Fahnen von polnischen Gebetsbruderschaften und religiösen Vereinen geben in der Ausstellung einen Eindruck davon. Im Umfeld der in Bochum ansässigen polnischen Seelsorger entstanden um die Jahrhundertwende die bedeutendsten polnischen Organisationen. Bochum entwickelte sich zum organisatorischen und kulturellen Zentrum der Polen im Revier.

"In der nationalistischen Grundstimmung der ansässigen Bevölkerung bildeten sich bald Vorurteile gegen die Polen aus, die oft als laut, auf den eigenen Vorteil bedacht und wenig ordnungsliebend dargestellt wurden, wie Spottpostkarten und Spottgedichte in unserer Ausstellung zeigen", so Museumsleiter Dietmar Osses.

In der Zeit des Nationalsozialismus gerieten die Polen immer mehr unter Druck, bis mit dem deutschen Überfall auf Polen selbst polnische Funktionäre im Ruhrgebiet verhaftet und in Konzentrationslager gebracht wurden. Dokumente und Briefe des Bergmanns Walenty Lukowiak aus dem KZ Sachsenhausen zeichnen den Weg vom Funktionär zum Verfolgten nach.

Zwangsarbeiter und "DP's"

Während des Zweiten Weltkriegs wurden 1,7 Millionen Polen als Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene nach Deutschland gebracht. Rund 40.000 von ihnen mussten in den Bergwerken des Reviers arbeiten. Nach Kriegsende konnten die meisten Polen nicht in ihre Heimat zurückkehren. Sie wurden als Displaced Persons (DPs) in Lagern untergebracht. Die Ausstellung berichtet eindringlich mit Zeitzeugenberichten und Erinnerungsstücken über die Zeit des DP-Lagers in Halten 1945 -1947 sowie die 1951 errichtete DP-Siedlung in Dortmund-Eving, in der bis heute eine aktive polnische Gemeinschaft lebt.

Solidarnosc-Flüchtlinge und Spätaussiedler

Das harte Vorgehen der polnischen Regierung gegen Kritiker und Oppositionelle im Umkreis der Solidarnosc-Bewegung brachte Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre rund 250.000 Polen als Flüchtlinge nach Deutschland. Viele von ihnen ließen sich im Ruhrgebiet nieder. Die Fluchtausrüstung des studentischen Oppositionellen Marek Wolski-Poliwski und Erinnerungsstücke des Solidarnosc-Funktionärs Josef Matuszyk aus dem Internierungslager Zabrze sowie lebensgeschichtliche Erinnerungen zeichnen davon in der Ausstellung ein beeindruckendes Bild.

Mit der Ausreisewelle der späten 1980er Jahren kam gut eine Million polnischer Zuwanderer nach Deutschland, rund 200.000 von ihnen zogen ins Ruhrgebiet. Mit acht Lebensgeschichten zeichnet die Ausstellung den Weg in den Westen nach und zeigt das Spektrum der Lebensentwürfe vom Arzt über einen Spediteur, Koch, Künstler, Lehrer bis hin zum Betreiber eines Internet-Radios.

Polen im Ruhrgebiet heute

Den Abschluss der Ausstellung bildet ein Blick in die Gegenwart und Zukunft der Polen im Ruhrgebiet. Vier Videostationen eines Jugendprojekts des LWL-Industriemuseums mit dem Jugendförderkreis Dortmund und dem Städtischen Jugend- und Medienhaus Bochum-Langendreer geben einen Einblick in den deutsch-polnischen Alltag der Nachfolgegeneration der Spätaussiedler. Hier zeigen die Jugendlichen ihr Selbstverständnis, berichten von Vorurteilen und äußern ihre Wünsche für die Zukunft im zusammenwachsenden Europa.

"Dank der zahlreichen Zeitzeugenberichte und persönlichen Erinnerungsstücke können wir besonders eindringlich die jüngere Geschichte der polnischen Zuwanderer im Ruhrgebiet zeigen", freuen sich Museumsleiter Dietmar Osses und seine wissenschaftliche Mitarbeiterin Ludwika Gulka-Höll. "In der Ausstellung kommen die Menschen selbst zu Wort - und liefern nicht nur spannenden Einblicke in die Geschichte, sondern machen auch die gegenseitigen Vorstellungen und Vorurteile deutlich. Unser Museum will damit auch einen Beitrag zum besseren Verständnis im immer noch wechselhaften deutsch-polnischen Verhältnis leisten", hofft Osses. Museumsdirektor Zache freut sich deshalb auch besonders, dass Generalkonsul Andrzej Kaczorowski zur Ausstellungseröffnung am Freitag (17.08.) um 17 Uhr kommen wird.

Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 13.000 Beschäftigten für die 8,5 Millionen Menschen in der Region. Mit seinen 35 Förderschulen, 19 Krankenhäusern, 17 Museen und als einer der größten deutschen Hilfezahler für behinderte Menschen erfüllt der LWL Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, der durch ein Parlament mit 100 Mitgliedern aus den Kommunen kontrolliert wird.

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