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Zahl der verurteilten Heranwachsenden und Jugendlichen deutlich zurückgegangen

Goll: "Wir brauchen uns vor unseren Kindern nicht zu fürchten"

(lifePR) (Stuttgart, )
Von 143.388 Abgeurteilten, die sich vor baden-württembergischen Strafgerichten im Jahr 2006 zu verantworten hatten, wurden insgesamt 121.763 Personen verurteilt (84,9 Prozent). 3.030 Angeklagte wurden freigesprochen (2,1 Prozent). In den übrigen Fällen erfolgte eine gerichtliche Einstellung des Verfahrens. Der baden-württembergische Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP) stellte am Donnerstag in Stuttgart gemeinsam mit dem Statistischen Landesamt die Strafverfolgungsstatistik des Jahres 2006 vor. "Nicht nur die Verurteilungen von Erwachsenen haben nun schon im zweiten Jahr in Folge leicht abgenommen. Auch und gerade bei den jungen Menschen ist erneut ein Rückgang zu verzeichnen, der mit insgesamt nur noch 21.984 Verurteilungen von Jugendlichen und Heranwachsenden erfreulich deutlich ausgefallen ist", teilte Goll mit.

Die Gesamtzahlen bewegten sich seit Jahren im üblichen Schwankungsbereich, ohne dass es dafür bestimmte Gründe gebe, erklärte Goll. So sei bereits im Jahr 1998 mit insgesamt 123.953 Verurteilungen nahezu der gleiche Stand erreicht gewesen wie 2004, dem Jahr mit dem bisherigen Höchststand von 125.296 Verurteilungen. Seit 2005 bewegten sich die Zahlen wieder nach unten, wenngleich nach wie vor auf einem weiterhin hohen Niveau.

Der erstmals 2005 in Baden-Württemberg zu beobachtende leichte Rückgang bei den Verurteilungen von Jugendlichen und Heranwachsenden habe sich 2006 überproportional stark fortgesetzt. Mit nur noch 8.705 Jugendlichen (14- bis 18-Jährige) und 13.279 Heranwachsenden (18- bis 21-Jährige) seien 6 Prozent weniger Jugendliche bzw. 4,5 Prozent weniger Heranwachsende als noch 2005 verurteilt worden, sagte Goll. "Das ist gemessen an der Gesamtbevölkerung eine vergleichsweise kleine Zahl. Wir brauchen uns also vor unseren Kindern und Enkeln nicht zu fürchten, zumal die meisten Verurteilungen gegen junge Menschen wegen einfachen Diebstahls und Straßenverkehrsdelikten und nicht wegen brutaler Gewalttaten ausgesprochen wurden", begegnete Goll pauschalen Vorurteilen über eine angeblich kriminelle Jugend.

"Denen aber, die sich nicht an die Spielregeln halten, müssen wir frühzeitig die Grenzen aufzeigen und klar signalisieren: Bis hierher und nicht weiter!", so Goll. Der Minister bemängelt seit Jahren, dass bei den 18- bis 21-jährigen in rund 45 Prozent aller Verurteilungen Jugendstrafrecht statt das allgemeine Strafrecht zur Anwendung komme, obwohl die Täter bereits erwachsen seien. Begründet werde dies von den Gerichten damit, dass es sich noch um so genannte jugendtypische Verfehlungen handle, die eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht rechtfertigten. "Das wird bei den jungen Leuten als völlig falsches Signal verstanden, noch nicht so ganz verantwortlich für ihr Tun zu sein", sagte Goll. "Erstaunlich ist, dass ausgerechnet im Bereich der Straßenverkehrsdelikte, wo jugendtypische Verfehlungen noch am besten nachzuvollziehen wären, in etwa 83 Prozent der Fälle plötzlich Erwachsenenstrafrecht angewandt worden ist", stellte der Minister fest. Bei schweren Gewaltdelikten wie gefährlicher Körperverletzung aber sei dann in rund 88 Prozent der Fälle eine jugendtypische Verfehlung bescheinigt und nach Jugendstrafrecht verurteilt worden. "Das passt doch irgendwie nicht zusammen", bemerkte Goll. Die Anwendung von Jugendstrafrecht solle bei den 18- bis 21-Jährigen deshalb die Ausnahme und nicht die Regel sein.

Da eine entsprechende Bundesratsinitiative Golls zur besseren Bekämpfung der Jugendkriminalität seit Jahren auf Widerstand erst der Grünen und nun der großen Koalition im Bund stößt, hat der Minister im erst kürzlich verabschiedeten baden-württembergischen Jugendstrafvollzugsgesetz eine altersgerechte Aufteilung der Gefangenen verankert. "Junge Erwachsene sollen nicht mehr mit den jugendlichen Inhaftierten zusammenkommen. In diesem Alter sind auch nur drei Jahre Altersunterschied schon enorm. Die Älteren können einen starken negativen Einfluss auf die noch jugendlichen Gefangenen ausüben. Da aber gerade die gewaltbereiten Heranwachsenden zu 88 % nicht nach Erwachsenenstrafrecht behandelt werden, sind sie im Falle einer Haftstrafe bisher trotz ihres vergleichsweise hohen Alters regelmäßig im Jugendstrafvollzug gelandet, wo eigentlich nur die 14- bis 18-Jährigen sein sollten. Das war mit dem Erziehungsgedanken, der gerade in einer Jugendstrafanstalt vorherrschen sollte, häufig kaum vereinbar. Dieses Problem kann mit dem neuen Jugendstrafvollzugsgesetz nun gelöst werden. Junge Erwachsene sollen mittelfristig in einem dritten Typ von Anstalt, nämlich einer sogenannten Jungtäteranstalt, untergebracht werden. Als Jungtäteranstalt ist die JVA Ravensburg vorgesehen. Der Jugendstrafvollzug ist also den 14- bis 18-Jährigen vorbehalten, in den Jungtäteranstalten sitzen dann die Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren und wer über 21 Jahre alt ist, kommt grundsätzlich in den normalen Erwachsenenvollzug", erklärte Goll.

- Strafverfolgungsstatistik - polizeiliche Kriminalitätsstatistik
Die Strafverfolgungsstatistik erfasst ausschließlich die Tätigkeit der Gerichte nach Anklageerhebung. Sie ist von der polizeilichen Kriminalitätsstatistik zu unterscheiden. Die Strafverfolgungsstatistik dient vorwiegend zur Beobachtung der staatlichen Reaktionen auf Kriminalität. Sie gibt im Gegensatz zur polizeilichen Kriminalitätsstatistik nicht nur vorläufige Bewertungen über verwirklichte Tatbestände wieder, sondern die rechtskräftig gewordenen Feststellungen der Gerichte. Nicht aufgeführt sind Taten, bei denen bereits die Staatsanwaltschaften das Ermittlungsverfahren, aus welchen Gründen auch immer, eingestellt haben.

- Abgeurteilte Angeklagte, gegen die Strafbefehle erlassen wurden bzw. Strafverfahren nach Eröffnung des Hauptverfahrens durch Urteil oder Einstellungsbeschluss rechtskräftig abgeschlossen worden sind.

- Verurteilte Angeklagte, gegen die nach allgemeinem Strafrecht Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Geldstrafe (auch durch einen rechtskräftigen Strafbefehl) verhängt worden ist oder deren Straftat nach Jugendstrafrecht mit Jugendstrafe, Zuchtmittel oder Erziehungsmaßregel geahndet wurde (kurz: Abgeurteilte abzüglich Freisprüche, Einstellungen, Absehen von Strafen).

- Gewaltkriminalität Gewaltkriminalität umfasst folgende Straftaten: Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche und schwere Körperverletzung, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme, Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (Quelle: Landeskriminalamt Baden-Württemberg).
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