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Neue IMK-Untersuchung

Arbeitskosten wachsen in Deutschland deutlich langsamer als im EU-Durchschnitt

(lifePR) (Düsseldorf, )
Deutschland liegt bei den Arbeitskosten für die Privatwirtschaft weiterhin im Mittelfeld der EU-15-Staaten - hinter den meisten nord- und westeuropäischen Industrieländern. 2006 sind die deutschen Arbeitskosten deutlich langsamer gestiegen als im Durchschnitt von EU und Eurozone. Daher hat sich im Vergleich zu den Vorjahren die Zahl der Länder noch erhöht, die höhere oder ähnlich hohe Arbeitskosten aufweisen. Dieser Trend zeigt sich auf unterschiedlichem Niveau sowohl für das Verarbeitende Gewerbe als auch für den Dienstleistungssektor. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis der aktuellen europäischen Daten. "Eine deutsche Spitzenstellung bei den Arbeitskosten, wie sie bisweilen behauptet wird, ist nicht zu erkennen. Wir liegen in einem Feld mit unseren wichtigsten Handelspartnern und sind 2006 relativ noch etwas zurückgefallen. Letzteres ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht weder nötig noch begrüßenswert", sagt Prof. Dr. Gustav A. Horn, Wissenschaftlicher Direktor des IMK. Am Gesamtgefüge der Arbeitskosten in der EU werde sich 2007 wenig ändern, so der Ökonom.

2006 mussten deutsche Arbeitgeber pro geleisteter Arbeitsstunde in der Privatwirtschaft (Industrie und privater Dienstleistungsbereich) 26,70 Euro aufwenden. Höher liegen die Arbeitskosten in acht Ländern: In Dänemark, Schweden, Luxemburg, Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Finnland müssen zwischen 32,50 Euro und 27,20 Euro pro Stunde aufgewendet werden. Auch die Arbeitskosten in Österreich sind mittlerweile um einige Cent pro Stunde höher als in Deutschland. Geringfügig niedriger als in der Bundesrepublik sind die Arbeitskosten in Großbritannien (25,40 Euro). Einen deutlicheren Abstand gibt es zu den "alten" EU-Mitgliedern in Südeuropa sowie zu den neuen mittel- und osteuropäischen EU-Ländern (siehe die Abbildung im Anhang; Link zur PM mit Anhang am Fuß dieses Textes). Doch auch diese Differenz ist 2006 etwas kleiner geworden: Während die Arbeitskosten in der EU-27 um durchschnittlich 2,9 Prozent stiegen, betrug der Zuwachs in Deutschland lediglich 1,1 Prozent. Damit setzte sich ein Trend fort, der seit Mitte der neunziger Jahre anhält und sich auch bei den für die internationale Wettbewerbsfähigkeit wichtigeren Lohnstückkosten zeigt.

Die IMK-Forscher nutzen für ihre Studie, die am heutigen Donnerstag als IMK Report erscheint*, die neuesten Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat. Deren Arbeitskostenstatistik erlaubt einen konsistenteren internationalen Vergleich auf breiterer Basis als Datenquellen, auf die sich beispielsweise das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) bislang gestützt hat. So betrachtet Eurostat die Arbeitskosten für Arbeiter und Angestellte, während das IW sich auf die Darstellung der Arbeitskosten für (westdeutsche) Industriearbeiter beschränkte. Zu den Arbeitskosten zählen neben dem Arbeitnehmerentgelt die Arbeitgeberanteile an den Sozialbeiträgen sowie als Arbeitskosten geltende Steuern.

Dienstleistungen erheblich niedriger bezahlt In ihrer neuen Untersuchung untersuchen die Wissenschaftler des IMK auch eine Besonderheit der deutschen Volkswirtschaft eingehend: Die Spreizung zwischen den Arbeitskosten und den Löhnen im Verarbeitenden Gewerbe und jenen im Dienstleistungssektor ist mit 20 Prozent im internationalen Vergleich ungewöhnlich groß.

So rangiert Deutschland bei industriellen Arbeitern und Angestellten mit Arbeitskosten von 30,90 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde EU-weit an vierter Stelle (2004: zweite Stelle). Die Bundesrepublik ist damit Teil einer größeren Gruppe von Industrieländern, deren Arbeitskosten mit 28 bis 34 Euro pro Stunde über dem Euroraum-Durchschnitt liegen. Zu ihr zählen auch Belgien, Dänemark, Schweden, Frankreich, Luxemburg, Finnland, die Niederlande und Österreich (siehe Anhang). Im privaten Dienstleistungssektor liegen die deutschen Arbeitskosten und damit die Löhne hingegen mit 24,50 Euro deutlich unter denen in den meisten Ländern der EU-15 - insgesamt an zehnter Stelle (2004: neunte Stelle).

Auf der Grundlage einer bivariaten statistischen Analyse identifizieren die Ökonomen vier wesentliche Gründe für diese "sektorale Spaltung": Die ausgeprägten Unterschiede bei der Bezahlung von Männern und Frauen, das Fehlen eines gesetzlichen Mindestlohns, den niedrigen gewerkschaftlichen Organisationsgrad sowie die chronisch schwache Binnennachfrage.

Insgesamt fällt die Analyse des IMK damit ambivalent aus: "Die Arbeitskosten in Deutschland haben Exporterfolge nicht nur nicht behindert, sondern sogar beflügelt, weil die Zuwächse im internationalen Vergleich äußerst moderat waren", so die Forscher. "Das ist aber um den Preis einer schwachen Binnennachfrage geschehen." Daher zeichneten sich die auf die Binnennachfrage angewiesenen Branchen inzwischen durch teilweise extrem niedrige Einkommen aus, "die ohne das Gerüst eines gesetzlichen Mindestlohns derzeit kaum zu steigern sind". Besonders bedrückend sei, dass in diesen Sektoren viele Frauen arbeiten. Sie seien besonders von schlechten Einkommensperspektiven betroffen.
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