Frickingen ist ein kleiner Fleck im Salemer Tal, nördlich des Bodensees. Der Ort ist umgeben von Apfelplantagen und dem Landschaftspark Bodensee-Linzgau. Die Bürger treffen sich gerne zum Plausch, natürlich im „Paradies“, unter dem großen Apfelbaum der Dorfgaststätte. Hier philosophieren sie über ihre Leidenschaft und ihren gesegneten Landstrich. Sie sind stolz auf ihre Heimat, Veränderungen gegenüber misstrauisch, am liebsten erhalten sie, was bisher segensreich war. „Glücklicherweise“, wissen heute die Touristiker, denn den Bürgern ist es zu verdanken, dass der kleine Ort heute mit gleich drei nicht alltäglichen Museen aufwarten kann.
Im Ortsteil Altheim hatte im Jahre 1896 der Baumeister Karl Widmer ein damals sensationelles Wasserrad in seine kleine Werkstatt eingebaut. Sein Sohn hatte nach dem ersten Weltkrieg das Wasserrad genutzt, und geschickt weitere mechanische Maschinen damit betrieben. In den 30er Jahren wurde in Eigenentwicklung eine leistungsstarke Wasserturbine in das Wasserrad eingebaut. Karl Widmer der Dritte, arbeitete mit diesen historischen Einrichtungen bis in das Jahr 1998. Dann war er 98 Jahre alt, und musste ins Krankenhaus.
Einige Altheimer Bürger wollten die damals schon museale Werkstatt nicht ihrem tödlichen Schicksaal überlassen und gründeten flugs einen Verein zur Rettung der mechanischen Werkstätte. Karl Widmer selbst verfügte noch aus dem Krankenbett, dass die Werkstatt als Museum aufrechterhalten bleiben solle, aber mit der Einschränkung: „Wenn ich aus dem Krankenhaus entlassen werde, werde ich wieder darin arbeiten.“
Ihm selbst war dies nicht mehr möglich. Statt seiner wirft nun heute jeden Sonntagmorgen Siegfried Werres die historischen Wasserturbinen an. Dann beginnt das vielgliedrige Transmissionsriemen-System zu arbeiten. Es verteilt die Wasserkraft in zwei Werkräume und treibt dort die verschiedensten Maschinen an. Natürlich haben die Tüftler von damals auch schon an die Energiepreise gedacht. Strom für die Werkstatt produziert die Wasserturbine nebenbei.
Stattliche Mühle war Gerberei
Nur einige Kilometer entfernt steht die stattliche Mühle am Dorfbach im Ortsteil Leustetten. Doch nicht ein Müller, sondern ein Gerber ging hier über Jahrhunderte seinem Handwerk nach. Die Wasserkraft und das Mühlrad diente zur Zerkleinerung der Rinden, die man in den Gerbereien brauchte. Der Besucher erlebt heute mit, wie mittels Wasserkraft durch ein Mühlrad Zahnräder und Transmissionen, eine Rindenmühle, ein Walkfass und eine Lederwalze angetrieben werden. Die Herstellung von Leder wird jeden Sonntagmorgen vorgeführt.
Ein Biss in die Geschichte
Das dritte Museum in Frickingen ist in einem der ältesten Häuser errichtet. Der Petershauser Hof wurde im Jahr 1591 erbaut. Als Erblehen war dieses Gebäude samt Ländereien über die Jahrhunderte hinweg sowohl Eigentum des Klosters Petershausen bei Konstanz als auch des Überlinger Spitals und des Hauses Fürstenberg. Man kann getrost davon ausgehen, dass die Lehensherren ebenfalls Obstbauern waren, wie jeder Grundbesitzer im Salemer Tal.
Schon die Kelten haben in dieser Gegend Obstbau betrieben. Über 50 verschiedene Apfelsorten gibt es. Im Bodenseegebiet werden auf rund 10.000 Hektar Äpfel gezüchtet. Rund 1.200 Obstbauern betreiben den Obstbau und erzeugen 1,5 Milliarden Bodensee-Äpfel jährlich. Jonagold, Elstar, Idared, Gala aber auch alte Sorten wie Cox-Orange und Boskop, gehören zu den häufigsten und beliebtesten Sorten vom Bodensee.
Dies alles erfährt man in dem Museum – man kann aber auch ganz einfach in einen der rotwangigen Verführungen hineinbeißen…