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Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz: Experten aus Wissenschaft und Praxis fordern umfassende Strategie
Bundesgesundheitsminister Gröhe: "Mit diesem Leitfaden können wir viel bewegen"
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sagte bei der Entgegennahme des Plans am Montag (19. Februar) in Berlin: "Mit dem Nationalen Aktionsplan gibt es nun einen wissenschaftlichen Leitfaden, der zeigt, wie die Gesundheitskompetenz in unserem Land bei der Bildung, Ernährung und Arbeit, aber auch durch einen verständlicheren Austausch zwischen Arzt und Patient gestärkt werden kann. Diesem Ziel hat sich auch die 'Allianz für Gesundheitskompetenz' verschrieben, die wir im letzten Jahr gegründet haben. Mit dem 'Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz' und der Allianz können wir gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften, Krankenhäusern, Krankenkassen, Apotheken, den Selbsthilfe- und Verbraucherorganisationen, aber auch den Behörden von Bund und Ländern viel bewegen!"
Eine steigende Lebenserwartung, die Zunahme chronischer Erkrankungen, ein sehr komplexes Gesundheitssystem und die digitale Informationsflut lassen die Anforderungen an die Gesundheitskompetenz der Menschen immer weiter ansteigen, so die Autorinnen und Autoren des Aktionsplans. "Besonderen Handlungsbedarf gibt es bei Menschen mit geringerem Bildungsniveau, Älteren, chronisch Kranken und Menschen mit Migrationshintergrund", sagt Gesundheitswissenschaftlerin Doris Schaeffer. Für den Staat biete ein konsequent umgesetztes Förderkonzept zudem erhebliches Einsparungspotenzial: Auf bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr beziffern die Experten die Mehrausgaben, die durch unzureichende Gesundheitskompetenz in Deutschland entstehen.
Die Förderung der Gesundheitskompetenz muss nach Vorstellung der Expertinnen und Experten so früh wie möglich im Lebenslauf beginnen. "Systematische Angebote sollte es bereits in Kita und Schule, aber auch am Arbeitsplatz bzw. im beruflichen Kontext sowie im Wohnumfeld und den Kommunen geben", betont der Soziologe Klaus Hurrelmann. Konkrete Umsetzungsbeispiele dafür finden sich zum Beispiel in Australien, Großbritannien und den USA, die entsprechende gesamtgesellschaftliche Strategien bereits seit Jahren umsetzen. Deren Beispiel folgend sollten auch in Deutschland nicht zuletzt Medien und Konsumgüterhersteller als Akteure in die Pflicht genommen werden, letztere zum Beispiel durch klare Kennzeichnungspflichten wie die Lebensmittelampel.
Zwar stehen heute so viele Informationen zu Gesundheitsthemen wie noch nie zur Verfügung, doch scheint dies die Orientierung für viele Nutzer eher zu erschweren. Das belegt auch eine den Aktionsplan begleitende Umfrage von YouGov im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. Danach sieht sich nur etwa jede dritte Person dazu in der Lage, im Internet seriöse von unseriösen Gesundheitsinformationen zu unterscheiden. Zwar gibt es bereits drei Qualitätssiegel für medizinische Internetseiten, aber 84 Prozent der Befragten kennen diese laut Umfrage gar nicht. "Was wir brauchen, sind evidenzbasierte, transparente und laienverständliche Gesundheitsinformationen, aber auch Akteure im Gesundheitswesen, die das vermitteln können", so der AOK-Präventionsexperte Kai Kolpatzik.
Laut dem Aktionsplan soll Gesundheitskompetenz als Standard auf allen Ebenen des Gesundheitssystems verankert werden. Konkrete Empfehlungen betreffen mehr Transparenz und den Abbau komplexer administrativer Prozesse im Gesundheitssystem sowie die gezielte Unterstützung von Ärzten und Pflegepersonal dabei, mit Patienten verständlich zu kommunizieren. Das gesamte System müsse einen Paradigmenwechsel vollziehen und sich im Vorsorge-, Behandlungs- und Versorgungsprozess auf den Patienten ausrichten, so die Experten. Weitere Aktionsfelder betreffen chronisch kranke Menschen, die lebenslang kompetent mit ihrer Krankheit umgehen müssen, sowie den systematischen Ausbau der Forschung zum Thema Gesundheitskompetenz, ohne die ein Fortschritt auf diesem Gebiet nicht denkbar ist.
Der Plan wurde am Montag (19. Februar) im Rahmen eines Fachsymposiums in der Berliner Repräsentanz der Robert Bosch Stiftung von Vertretern aus Politik, Gesundheitswesen und Wissenschaft erörtert. Es moderierten Eckart von Hirschhausen und Ilona Kickbusch.
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